Schenker-Verkauf unter Dach und Fach
10.10.24 (Allgemein) Autor:Stefan Hennigfeld
Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG hat dem Verkauf von DB Schenker an die dänische Transport- und Logistikgruppe DSV in einer außerordentlichen Sitzung letzte Woche zugestimmt. Zugleich hat der Bund die nach Bundeshaushaltsordnung (BHO) für die Transaktion erforderliche Zustimmung erteilt. Der Abschluss des Verkaufs wird nach Erhalt aller regulatorischen Genehmigungen im Laufe des Jahres 2025 erwartet. Der Vorstand der DB AG hatte im September einen Vertrag zum Verkauf ihrer Logistiktochter an DSV für einen Unternehmenswert von 14,3 Milliarden Euro unterzeichnet.
Inklusive der erwarteten Zinserträge bis zum Vollzug ergibt sich ein Gesamtverkaufswert in Höhe von bis zu 14,8 Milliarden Euro. „Der Verkauf von DB Schenker ist ein wichtiger Meilenstein für die DB, um sich konsequent auf die Sanierung der Schieneninfrastruktur im Inland sowie den Betrieb eines klimafreundlichen Personen- und Güterverkehrs in Deutschland und Europa zu konzentrieren“, erläuterte der DB-Aufsichtsratsvorsitzende Werner Gatzer.
„Wir haben klare Ziele formuliert, um die Bahn in den Bereichen Infrastruktur, Betrieb und Wirtschaftlichkeit strukturell zu sanieren und uns auf das Kerngeschäft zu fokussieren. Der Verkaufserlös wird die Verschuldung der DB erheblich senken und einen wichtigen Beitrag zur finanziellen Stabilität des DB-Konzerns leisten. Schenker erhält mit DSV zugleich einen starken strategischen Eigentümer“, sagte der DB-Vorstandsvorsitzende Richard Lutz.
Die DB hatte im Dezember 2023 nach den Vorgaben des EU-Rechts einen offenen, transparenten und diskriminierungsfreien Prozess zur Veräußerung von DB Schenker gestartet. DSV hat sich dabei mit dem aus Sicht der DB AG wirtschaftlich vorteilhaftesten Angebot durchgesetzt. DB Schenker kann sich mit seinen rund 72.700 Beschäftigten an über 1.850 Standorten in mehr als 130 Ländern künftig im Verbund mit DSV weiterentwickeln. Geplante Investitionen von rund einer Milliarde Euro in den kommenden Jahren sollen zusätzliches Wachstumspotenzial fördern.
DSV hat ein klares Bekenntnis zur deutschen Mitbestimmung und zu bestehenden Tarifverträgen sowie Betriebsvereinbarungen gegeben. Gemeinsam soll eines der führenden Unternehmen für Transport und Logistik weltweit entstehen. Nicht zugestimmt im Aufsichtsrat haben die Vertreter der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Martin Burkert, Bundesvorsitzender der EVG: „Wir halten die Entscheidung zum Verkauf von Schenker für einen schweren strategischen Fehler. Um kurzfristig Erlöse zu erzielen, sollen langfristig auf Einnahmen verzichtet werden. Das ist keine kluge Unternehmenspolitik. Im Aufsichtsrat haben wir nochmals unsere grundsätzlichen Argumente gegen den Verkauf von Schenker dargelegt und deutlich gemacht, welchen Vorteil der Erhalt von Schenker im Systemverbund Bahn hätte. Leider wurden wir als Arbeitnehmerseite von Eigentümern und Arbeitgebern überstimmt.“ Dennoch fordert man die Verkaufserlöse im DB-Konzern zu belassen.
Burkert: „Das ist notwendig, um die finanziellen Handlungsspielräume des Konzerns nicht zu gefährden. Das Unternehmen muss in neue Fahrzeuge und eine bessere Service-Qualität investieren, um zukunftsfähig zu sein. Um die Infrastruktur zu finanzieren, muss der Bund durch eine überjährige Finanzierung endlich Verantwortung übernehmen. Die Deutsche Bahn darf keine Melkkuh von Christian Lindner werden. Die Bahn-Beschäftigten sind nicht die Ausputzer für eine verfehlte Haushaltspolitik.“
Anders sieht das die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL). Dort ist man durchaus der Auffassung, dass der Verkauf der Logistikfirma Schenker gerechtfertigt ist, damit die DB AG sich auf das Kerngeschäft konzentrieren kann, den inländischen Eisenbahnverkehr. Man schließt sich jedoch der Auffassung an, dass die Verkaufserlöse zugunsten der Eisenbahninfrastruktur aufgewendet werden sollten. „Aber auch hier wird der DB Konzern seiner Verantwortung für die Beschäftigung in keinster Weise gerecht und zeigt keinerlei soziales Gewissen – dies wird es mit der GDL nicht geben!“ so der Bundesvorsitzende der GDL, Mario Reiß.
Reiß: „Nach letzten Meldungen wird auch das Bieterverfahren nicht vergleichbar und transparent für den Aufsichtsrat dargestellt. Es wird den Aufsichtsratsmitgliedern schwer gemacht, die richtige Entscheidung zu treffen. Solange die für eine Entscheidungsfindung dringend notwendige Transparenz fehlt, kann auch die GDL nicht zustimmend reagieren.“
Siehe auch: Logistik ist kein inländischer Eisenbahnverkehr