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London: Letzter KMU-Stadtbus gibt auf

12.08.24 (Großbritannien & Irland) Autor:Stefan Hennigfeld

Am Freitag, 2. August gab das Unternehmen Sullivan Buses bekannt, den Betrieb von Stadtbussen in der britischen Hauptstadt London mit sofortiger Wirkung einzustellen. Bei Sullivan handelte es sich um den letzten konzernunabhängigen Busbetreiber, welcher im Auftrag der Verkehrsbehörde Transport for London (TfL) Linienbusse im Stadtverkehr betrieb. In einer Pressemitteilung erhob Sullivan Buses schwere Vorwürfe gegenüber TfL.

Die Vergütung für die TfL-Verkehre habe nicht mehr mit den deutlich zunehmenden Betriebskosten Schritt gehalten. Auch gestiegene Pönalisierungen aufgrund von Verkehrsstaus seit der Corona-Krise hätten die wirtschaftliche Situation weiter verschärft. Für das Unternehmen falle ein Defizit von über 200.000 britischen Pfund (ca. 230.000 Euro) pro Monat an. Die Verkehrsverträge von Sullivan wären nächstes Jahr jedoch ohnehin ausgelaufen, doch habe man keine neuen Verkehrsverträge sichern können und nach dem Vergabeverfahren nicht einmal sinnvolles Feedback von TfL erhalten.

Dem Unternehmen sei es also nicht möglich gewesen, im Sinne einer Mischkalkulation die Verluste aus Altverträgen mit profitablen Neuverkehren zu kompensieren. Ein Gespräch mit TfL im Juni ergab nach Angaben von Sullivan, dass TfL Schwierigkeiten habe, Kleinunternehmen in ihr Geschäftsmodell zu integrieren. Zum Zeitpunkt des Gesprächs habe TfL Sullivan 130.000 britische Pfund Sterlin (ca. 150.000 Euro) geschuldet, eine erhebliche Summe für ein kleines Unternehmen. Man habe sich schließlich geeinigt, jedoch erst nachdem TfL gefragt haben soll, ob Ratenzahlung möglich sei.

TfL habe auch angefragt, zu welchem Zeitpunkt Sullivan die Verkehrsverträge vorzeitig beenden möchte. Diese Betriebseinstellung betrifft rund 230 Mitarbeiter von Sullivan Buses, welche 12 Linien (217, 298, 299, 327, 389, 399, 549, 605, 606, 617, 629 und W9) hauptsächlich in den nördlichen Außenbezirken Londons betrieben. Sullivan Buses stellte klar, dass die eigenwirtschaftlich betriebenen Buslinien in Hertfordshire, einem nördlich an London angrenzenden Landkreis, von der Betriebseinstellung nicht betroffen seien und dass man eine Expansion der eigenwirtschaftlichen Linien anstrebe.

Außerhalb einiger Metropolregionen werden Buslinien in Großbritannien seit 1985 nahezu ausschließlich eigenwirtschaftlich betrieben. TfL organisierte kurzfristig in Zusammenarbeit mit anderen Verkehrsunternehmen eine teilweise Wiederherstellung des Betriebs ab Montag, 5. August 2024; Echtzeitdaten sind jedoch derzeit nicht verfügbar.

Gegenüber dem britischen Sender BBC News äußerte eine Anwohnerin, welche anonym bleiben wollte, Besorgnis. Obwohl es ein Verspätungsproblem gegeben habe, seien die Busse wichtig gewesen – für Schulkinder, aber auch in Gegenden, in denen es keine Möglichkeit für Fußgänger gebe, die Autobahn zu überschreiten. BBC News berichtete weiterhin, dass TfL die Vorwürfe von Sullivan Buses im Hinblick auf Finanzen nicht kommentieren wollte.

Foto: Sullivan Bus & Coach Limited

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