Eine Kraftanstrengung auf allen Ebenen
29.07.24 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Damit ist es also offiziell: Alstom liefert die neuen S-Bahntriebzüge für den Großraum Köln und dabei kommt das Finanzierungsmodell zur Anwendung, das bereits beim Rhein-Ruhr-Express und dem anderen Teil der S-Bahn Rhein-Ruhr erfolgreich genutzt wird. Dabei war man in Köln ja genau damit anfangs gar nicht einverstanden, doch irgendwann setzt sich die Erkenntnis durch, dass es für die Vergabe großer Netze große Lösungen braucht. Man stelle sich einmal vor, die Aufgabenträger würden für ein solches Netz verlangen, dass der Betreiber Züge mitbringt.
Viele Bieter würden sich wohl von Anfang aus zurückziehen und wenn dann am Ende nur noch der eine Bundes-Bieter im Start ist, dann ruft der seine Preise auf. Der markante Spruch „In der Wüste ist das Wasser teurer“ soll ja im Zusammenhang mit dem Kölner Dieselnetz gefallen sein.
In Köln gibt es noch eine weitere Besonderheit: Einzig die DB AG verfügt über zentrale Bestandswerkstätten in Köln. Jeder andere Betreiber müsste diese erst aufbauen, inklusive einem teuren, fast unmöglichen Grunderwerb in zentralen Kölner Stadtbezirken. Der Weg über die Fahrzeugbeschaffung durch die Aufgabenträger und die Instandhaltung durch die Hersteller ist daher der richtige, auch bei der Kölner S-Bahn.
Die Pläne sind nicht neu, aber sie sind hochtrabend. Hier werden Leistungsausweitungen angekündigt und versprochen; die einer massiven Kraftanstrengung bedürfen. Immer wieder wird aus der Eisenbahnbranche das Narrativ nicht ausreichender Regionalisierungsgelder gepflegt. Nachdem Nordrhein-Westfalen Ende 2020 knapp eine Milliarde Euro Ausgabereste hatte, kann man sich drüber streiten, wie glaubwürdig das ist und ob man große Ziele verwirklichen kann ohne dass auch das Land aus dem eigenen Haushalt Geld dazugibt.
Aber wenn selbst der Bestandsverkehr von Abbestellungen wegen Geldmangel bedroht sein soll, dann muss die Frage erlaubt sein, wie man dann massive Leistungsausweitungen in den nächsten Jahren finanzieren will; insbesondere vor dem Hintergrund der Nichtbereitschaft des Landes, sich an den konsumtiven Betriebskosten zu beteiligen. Aber selbst wenn es genügend Geld geben sollte, aktuell erleben wir überall Not- und Sonderfahrpläne, weil die Eisenbahnverkehrsunternehmen branchenweit nicht genügend Personal haben, um die bestellten Fahrpläne zu fahren.
Wie soll es da zusätzliche Leistungsausweitungen und massive gestiegene Volumina geben, selbst wenn das Geld da wäre? Die Verrentungswelle ist ja längst nicht beendet, im Gegenteil: Der geburtenstärkste Jahrgang 1964 steckt noch voll im Arbeitsleben, wenn auch nicht mehr lange. Doch unabhängig davon heißt Planung auch, dass man sich gut aufstellt und dass man in der Lage ist, die Verbesserungen umzusetzen, wenn sich die Situation ergibt. Die Planungen zum Knoten Köln sind zudem so strukturiert, dass sich der Nutzen einzelner Maßnahmen sofort zeigt und nicht erst irgendwann. Deshalb gibt es Grund zu verhaltenem Optimismus, was ernsthafte Verbesserungen betrifft.
Siehe auch: Alstom liefert Kölner S-Bahnzüge
Foto: Alstom / Advanced & Creative Design