Kritik an Trassenpreisen für 2025
08.04.24 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Die Bundesnetzagentur hat eine Erhöhung der Trassenpreise im Schienengüterverkehr um 16,2 Prozent für das nächste Jahr genehmigt. Beantragt hatte die Erhöhung die seit 1. Januar 2024 formell gemeinwohlorientierte Schieneninfrastrukturtochter DB InfraGO der Deutschen Bahn AG. „Um es einmal mit der üblichen PR-Formel der DB zu sagen: Statt sich am Gemeinwohl zu orientieren, startet die DB das größte Trassenpreiserhöhungsprogramm in der Geschichte des Konzerns“, kommentiert Neele Wesseln, Geschäftsführerin des Güterbahn-Verbandes. Wesentlicher Treiber ist der maximal ausgenutzte, vom Gesetz zugelassene Gewinnanspruch, den die staatliche Gesellschaft in ihren Preisen realisieren kann.
Wesseln weiter: „Ehrlich gesagt: Wir sind nicht überrascht. Der Genehmigungsantrag der DB stammt aus dem Spätsommer und die Bundesregierung hat trotz aller Proteste nichts dagegen getan. Im Gegenteil: Sie hat, weil es der einfachste Weg zur Haushaltskonsolidierung war, im Dezember noch zusätzlich eine Kürzung der Bundesmittel zur Förderung der Trassenpreise im Schienengüterverkehr um fast die Hälfte, nämlich 171 Millionen Euro beschlossen, die vom Bundestag im Umfang von fünfzig Millionen Euro zurückgenommen wurde. Unter dem Strich will die DB InfraGO für sinkende Qualität und zusätzliche Kostenbelastungen durch die wachsende Anzahl von Baustellen immer mehr Geld.“
Der Kilometerpreis für einen Standard-Güterzug soll ab Dezember 2024 mit 3,73 Euro um 52 Cent höher liegen als in diesem Jahr. Alle bisherigen (fünf) Erhöhungen seit dem Inkrafttreten des Eisenbahnregulierungsgesetzes 2016 – die Grundlage der Bildung und Genehmigung von Trassenpreisen – liegen weit darunter: Zusammen ergeben sie weniger als die Hälfte, nämlich 23 Cent.
Wesseln: „Der damalige Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt attestierte dem neuen Gesetz, dass es zu sinkenden Trassenpreisen führen solle. Charakteristisch für das Trassenpreissystem ist aber nur die Hilflosigkeit von Kunden und Genehmigungsbehörde. Ein einziges Mal wurde ein Erhöhungsantrag von der Bundesnetzagentur abgelehnt. Die höheren Einnahmewünsche der DB Netz musste der Personenfernverkehr tragen. Von Beginn an haben wir kritisiert, dass die DB und der Bund aus dem Monopol der Schieneninfrastruktur Gewinne ziehen wollten.“
Das Eisenbahnregulierungsgesetz wurde mehrfach geändert, ohne das verkorkste Trassenpreissystem zu korrigieren. Anfangs ermöglichte es eine gesetzlich zulässige Traumrendite von 5,8 Prozent, mittlerweile immer noch von 4,3 Prozent auf den gesamten Kapitalstock des Schienennetzes. Infolge der 2019 gestarteten jährlichen Eigenkapitalzuführungen des Bundes erhöht sich automatisch auch der mögliche Gewinnanspruch weiter, den die DB InfraGO AG bei den ihr ausgelieferten Kunden realisieren kann.
Sollte der Bund seine Absicht wahrmachen, die aktuell vorgesehenen Zusatzmittel im Umfang von zwanzig Milliarden Euro für die Schieneninfrastruktur ebenfalls als Eigenkapital und nicht als Zuschuss zu gewähren, explodiert der Gewinnanspruch in den Folgejahren regelrecht. Ähnliche Probleme sieht auch der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), jedoch verweist man dort auch auf die Inflation, die bei DB InfraGO zu steigenden Kosten geführt habe.
„Dabei belasten die deutlich erhöhten Trassenpreise vor allem die eigenwirtschaftlichen Schienenverkehre bei den Güterbahnen und den Personenfernbahnen in einem wirtschaftlich riskanten Maße – und das mehr noch, als bereits im Herbst 2023 zu befürchten war“, so VDV-Vizepräsident Joachim Berends. Laut VDV ergibt sich in Verbindung mit der erheblich abgesenkten Trassenpreisförderung eine beispiellose Mehrbelastung, durch die nicht nur die Klimaschutz- und Verkehrsverlagerungsziele der Bundesregierung auf dem Spiel stehen.
Joachim Berends: „Eine Reihe von Eisenbahnverkehrsunternehmen wird an den Rand ihrer wirtschaftlichen Existenz gebracht werden, zumal das wirtschaftliche Umfeld für Schienenverkehre ohnehin bereits ausgesprochen schwierig ist. Der VDV fordert den Bund erneut auf, die notwendigen Maßnahmen einzuleiten und der Branche zu signalisieren, dass ihre Bedeutung für Verkehrspolitik und Klimaschutz ernstgenommen wird. Eine rasch umsetzbare und bereits erprobte Maßnahme ist die Trassenpreisförderung für eigenwirtschaftliche Verkehre.“ Denn tatsächlich könnte eine solche Förderung nur mit politischen Mitteln erzielt werden, nicht jedoch auf der reinen Anwendung bestehender Regularien.
Siehe auch: Wie man es dreht und wendet