Auf die Versprechungen etwas einzahlen
22.04.24 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Gerade in der Metropolregion sind viele Bürger durch das Deutschlandticket massiv entlastet werden. Wenn wir jemanden nehmen, der vielleicht von Wuppertal jeden Tag nach Köln oder Bonn fahren muss, der spart mit dem neuen Deutschlandticket im Vergleich zur alten Regelung über 200 Euro im Monat. Wir alle wissen, wie hoch die Bruttolohnerhöhung ausfallen muss, damit jemand effektiv 200 Euro pro Monat zusätzlich in der Tasche hat: Ganz massiv. Das zeigt, dass das Deutschlandticket vor allem für den Normalverdiener ein großer Erfolg ist, der jeden Tag zur Arbeit fahren muss.
Man darf auch nicht vergessen, dass viele Leute ja sowieso ein Auto vorhalten müssen und deshalb lange von den hohen Preisen der Monatskarten abgeschreckt worden sind. Wenn man das Thema mit ÖPNV-Vertretern bespricht, dann kommt als Gegenargument oft, dass ja auch ein Auto hohe Fixkosten habe, die finanziert werden müssen. Das ist in der Sache richtig, aber weil die Leute oftmals ohnehin ein Auto vorhalten fallen diese weniger ins Gewicht. Da macht es schon einen erheblichen Unterschied, ob sich der in Wuppertal lebende Verwaltungsmitarbeiter der Deutsche Telekom mit einem Arbeitsplatz in Bonn sein Monatsticket für über 250 Euro kaufen muss oder ob es 49 Euro kostet.
Dazu kommt die bundesweite Gültigkeit: Der Kurzurlaub am Wochenende in Hamburg? Im Sommer zwei Wochen am Bodensee oder in den Alpen? Überall dort gilt das Deutschlandticket. Mal eben mit der Werkself aus Leverkusen zum Auswärtsspiel nach München mitfahren? Das Deutschlandticket ist immer dabei. Aber das sorgt natürlich dafür, dass auch Einnahmeverluste bei den Verkehrsunternehmen und -verbünden entstehen, in denen der Nutzer nicht wohnt.
Wenn ein Anhänger von Union Berlin seine Eisernen zum Auswärtsspiel beim 1. FC Köln begleitet und vielleicht noch zwei Tage länger bleibt, dann hätte er noch vor einem Jahr Touristentickets des VRS kaufen und bezahlen müssen, um in der Domstadt öffentliche Verkehrsmittel nutzen zu dürfen. Auch das fällt jetzt weg, der Umsatz ist einfach nicht mehr da, aber der Mensch ist im Bus oder in der Bahn. Da liegt es in der Natur der Sache, dass Bund und Länder das ausgleichen müssen und zwar gemeinsam aus ihren Haushalten.
Man kann nicht auf der oberen Ebene alle möglichen Versprechungen machen und mit der Finanzierung dann die Kommunen alleine lassen. Ein solches Szenario droht aber. Natürlich, als das Neun-Euro-Ticket und das Deutschlandticket ideell entstanden sind, hatte die Ampelkoalition noch die Spendierhosen an. Ein folgenschweres Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat ihnen den Spaß Ende letzten Jahres abrupt beendet.
Wenn man es aber die vielfach zitierte Verkehrswende ernsthaft vorantreiben will, dann muss man es sich was kosten lassen. Aber wenn die Länder bereit sind, ihren Teil beizutragen, dann muss auch der Bund die Sonntagsreden in Realität umwandeln und das Deutschlandticket langfristig absichern – ohne dass jedes Jahr die Abschaffung oder eine massive Preiserhöhung diskutiert werden.
Siehe auch: VRS warnt vor Finanzrisiken durch D-Ticket
Foto: Kölner Verkehrsbetriebe AG / Christoph Seelbach