Auf die Kontrolle muss der nächste Schritt folgen
21.03.24 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Jährliche Qualitätsberichte bei den SPNV-Stationen gehören inzwischen zum Alltag. Für den VRR ist es der 17., für go.Rheinland der elfte Stationsbericht. Dabei waren solche Qualitätserhebungen in ihrer Anfangszeit alles andere als unumstritten. Aus der DB AG und deren politischen Vorfeld hörte man damals, dass es ja unstatthaft sei, die Bahnhöfe und Haltepunkte nach objektiven Kriterien zu bewerten. Man könne das ja alles gar nicht vergleichen und überhaupt habe der Aufgabenträger ja auch gar nichts damit zu tun.
Und dieser Ansatz stimmt sogar – ärgerlicherweise. Der Aufgabenträger hat kein Durchgriffsrecht den Infrastrukturbetreibern gegenüber. Wenn es also zu Schwierigkeiten kommt, dann kann der Aufgabenträger erstmal nichts machen. Das ist nichts neues und wurde bislang nicht angepackt. Wer regelmäßig mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist, der kennt das Problem. Da sind Rolltreppen oder Aufzüge über Wochen und Monate kaputt oder Wetterschutzhäuschen demoliert.
Wo es vor einigen Jahren vielleicht noch an Desinteresse seitens des Infrastrukturbetreibers lag, kommt jetzt das Problem des Ersatzteilmangels dazu. Wenn irgendein Ersatzteil für eine Rolltreppe oder einen Aufzug ein halbes Jahr nicht lieferbar ist und es auch nirgendwo im Lager vorgehalten wird, dann kann man eben nichts machen. Oder doch? Natürlich kann man, wenn Schlechtleistungen im Infrastruktursektor genauso pönalisiert werden wie im Verkehrssektor, eine Situation schaffen, bei der der Infrastrukturbetreiber ein Eigeninteresse daran hat, bestimmte Gerätschaften an Lager zu halten. Denn wenn die Rolltreppe kaputt ist, dann hat das für den Infrastrukturbetreiber keinerlei wirtschaftliche Auswirkungen. Fast wie von selbst kommt der Gedanke, dass nicht lieferbare Ersatzteile auch zu einer willkommenen Ausrede werden könnten.
Deshalb ist der Gesetzgeber auf Bundesebene gefordert, hier etwas zu ändern. Der Aufgabenträger braucht eine Regelung, in der er Schlechtleistungen genauso pönalisieren kann wie beim Verkehrsunternehmen. Wenn ein Zug eine Woche lang mit einer kaputten Toilette herumfährt, dann kürzt der Aufgabenträger Geld. Wenn die Bahnhofstoilette eine Woche außer Betrieb ist, dann muss auch das Stationsentgelt entsprechend gekürzt werden. Nun kann man natürlich bei einem Infrastrukturbetreiber nicht einfach den Verkehrsvertrag kündigen, so wie man es bei einem Verkehrsunternehmen (theoretisch und im Prinzip) machen kann.
Deshalb braucht es nochmal ein schärferes Schwert: In einer hohen Eskalationsstufe muss der Aufgabenträger berechtigt sein, die Defekte auf dem Weg einer Ersatzvornahme auf Kosten des Infrastrukturbetreibers durchzuführen. Es reicht nicht, die Infrastruktursparten der DB AG umzubenennen und zu sagen „Die sind jetzt gemeinnützig, das wird jetzt alles prima“. So einfach ist die Welt nicht und entsprechende gesetzliche Regelungen muss es geben. Allerdings haben auch die Länder die Möglichkeit, eine Gesetzesinitiative über den Bundesrat einzubringen. Auch dieser Weg wäre gangbar.
Foto: Deutsche Bahn AG / Axel Hartmann
Siehe auch: VRR und go.Rheinland publizieren Stationsberichte