Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

  • Schlagwörter

Aktuelle Probleme und künftige Visionen beachten

04.03.24 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Grundsätzlich muss man die Behauptung, man könne die bundesweiten Fahrgastzahlen bis zum Jahr 2030 im Vergleich zum Jahr 2020 verdoppeln mit Leben füllen. Dazu gehören auch in Nordwestdeutschland erhebliche Leistungsausweitungen, die sich idealerweise jetzt mit der Neuvergabe des Hansenetzes realisieren lassen. In einem laufenden Verkehrsvertrag ist das schwierig, denn da sind Nachbestellungen nur in einem gewissen Umfang zulässig – zurecht.

Doch die Frage, die sich hier stellt, ist eine ganz pragmatische: Wird das oder werden die Unternehmen, die künftig das Hansenetz betreiben überhaupt die Kapazitäten haben, nennenswerte Leistungsausweitungen zu fahren? Insbesondere wenn man sich den Status Quo ansieht: Der Metronom, der sich sowieso schon wegen massivem Personalmangel in einem Notfahrplan befindet, ist jüngst noch einmal in einen verschärften Notfahrplan eingetreten, weil man nicht einmal mehr in der Lage war, das reduzierte Angebot aufrecht zu erhalten.

Damit geht das Unternehmen, auch wenn der Verkehrsvertrag jetzt defizitär geworden ist, keinen Sonderweg, sondern man befindet sich im bundesweiten Normalfall. Überall fehlen Triebfahrzeugführer, gibt es Wartungsrückstände wegen fehlender Mechatroniker in den Werkstätten oder der Betriebsschluss wird um mehrere Stunden vorgezogen, weil es für die Abend- und Nachtphase in den Stellwerken zu wenig Fahrdienstleiter gibt. Auch so realistisch muss man sein, dass Leistungsausweitungen auf Jahre hinaus nicht möglich sein dürften.

Der Fokus muss darauf liegen, den Soll-Fahrplan einzuhalten, und zwar den richtigen Soll-Fahrplan, nicht nur den Not-Fahrplan und erst recht nicht nur den aktuellen Not-Not-Fahrplan. Hier ist die LNVG gefordert: Man muss an die neuen Betreiber die Anforderung stellen, dass man eine hohe Ausbildungsquote sicherstellen muss. Die Zeiten, in denen man sich in der Eisenbahnbranche darauf verlassen konnte, dass die Arbeitsämter nicht nur genügend potentielle Bewerber schicken sondern auch deren Ausbildung finanzieren, sind lange vorbei.

Gleichzeitig stehen wir aber erst am Anfang einer massiven Verrentungswelle der geburtenstarken Jahrgänge, die Zahl der Schulabsolventen sinkt. Die Eisenbahnbranche steht in einem harten Wettbewerb und gute Mitarbeiter – auch wenn offiziell niemand genaue Zahlen über die Kündigungsquote in der Branche haben will. Allerdings: Der Ansatz, diesmal in eine Loslimitierung zu gehen, ist richtig. Denn nur noch kann der Aufgabenträger verhindern, sich von einem Betreiber abhängig zu machen.

Es gibt ja auch genügend Akteure in Niedersachsen, mit denen man rechnen kann, eben gerade weil die Wettbewerbsbedingungen dort nicht erst seit neuestem sehr gut sind. Deshalb muss man sich jetzt vernünftig aufstellen. Neben den grundständigen Problemen ist dabei auch nicht verkehrt, Planungen für die Zukunft anzugreifen. Allerdings darf man dabei den Blick auf die Realitäten nicht vergessen. Die Eisenbahn steckt noch immer in der tiefsten Krise seit der Pionierzeit.

Siehe auch: Pro Bahn fordert besseres Hanse-Netz
Foto: Metronom Eisenbahngesellschaft mbH / Florian Danker

Kommentare sind geschlossen.