Jeder muss seine Interessen wahren
08.02.24 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Es ist in den letzten Jahren bundesweit immer wieder die Regel gewesen, dass Verkehrsnetze über die Jahre aus den schwarzen in die roten Zahlen gelaufen sind. Das hat sicher mit der Gestaltung der Verkehrsverträge zu tun, dass bei gestiegenen Bauaktivitäten im Netz mehr Züge ausfallen und Zahlungen der Aufgabenträger ausbleiben.
Hier muss man bei künftigen Verkehrsverträgen reagieren, sodass ein Zugausfall wegen Personalmangel oder (durch den Betreiber zu verantwortenden) Wartungsrückständen anders pönalisiert wird als einer, dessen Ursache in defekten Weichen und Signalen oder Bauarbeiten liegt. Dazu kommen erhebliche Lohnsteigerungen, die aber notwendig waren, damit die Unternehmen einerseits überhaupt Personal kriegen und andererseits um lange Streiks zu verhindern.
Es ist niemandem geholfen, wenn man höhere Lohnkosten abwendet, aber dies mit mehrwöchigen oder gar mehrmonatigen Streiks bezahlen muss und es darüber hinaus am Ende noch zu einer Kündigungswelle im Unternehmen kommt. Ein weiterer Punkt sind die gestiegenen Ausbildungskosten. Das hat zum einen mit der Fluktuation zu tun, dass man Leute für viel Geld ausbildet, die dann relativ schnell wieder weg sind.
Es liegt aber auch daran, dass man noch vor einigen Jahren fest davon ausgegangen ist, hier gäbe es keine oder kaum Kosten, weil potentielle Bewerber ja im größeren Stil von den Arbeitsämtern kämen, die dann auch die Ausbildung der Leute bezahlen. Das ist heute anders und auch hier sind Kostenblöcke entstanden, die noch vor ein paar Jahren nicht absehbar waren. Man braucht daher für die Zukunft Kalkulationen, bei denen sich die Aufgabenträger an steigenden Kosten beteiligen, bei denen sie aber auch mit entlastet werden, wenn Kosten sinken.
Die Alternative wäre, dass man ansonsten relativ schnell keine Bieter mehr hat, weil niemand überblicken kann, was in einer 15jährigen Vertragsperiode alles passiert. Am Ende wäre dann nur noch der eine Bundes-Bieter am Start, der nach dem Motto „In der Wüste ist das Wasser teurer“ Preise aufruft, bei denen man auf jeden Fall davon ausgehen kann, dass sie langfristig in der Gewinnzone bleiben.
Wobei man natürlich sagen muss: Wenn die LNVG schon vor dem Beginn der Verhandlungen offen verlautbaren lässt, dass der Metronom sich erneut bewerben darf, hat man leichtfertig ein wichtiges Stück Verhandlungsmasse aus der Hand gegeben. Denn natürlich möchten die den Auftrag behalten, idealerweise mit einer neu gestarteten Vertragslaufzeit; wer möchte es ihnen übel nehmen?
Aber dieser neue Vertrag wird für den Aufgabenträger deutlich teurer und wenn man dem jetzigen Betreiber dann zugesteht, dass er sich bei der Neuvergabe mit einem ehrlichen Preis bewerben darf, dann muss man sich diese Zusage auch bezahlen lassen; wie genau wird dann in den Verhandlungen ausgemacht. Denn neben dem Platzhirsch DB Regio bzw. Start stehen ja mit der Nordwestbahn oder der Westfalenbahn sehr wohl potentielle weitere Bieter in Niedersachsen bereit. Also wird es auf jeden Fall spannend bleiben.
Siehe auch: Metronom und LNVG verhandeln Vertragsauflösung
Foto: Metronom Eisenbahngesellschaft mbH / Jan Sieg