SCI-Studie zu Diesel und Alternativen
18.12.23 (Allgemein) Autor:Stefan Hennigfeld
Die klassische Diesellokomotive ist von Betreibern nicht nur für ihre Robustheit und Zuverlässigkeit geschätzt, sondern auch im Jahr 2023 immer notwendig für das System Eisenbahn – vor allem in Regionen mit vielen nicht-elektrifizierten Nebenstrecken und Rangierbahnhöfen wie sie in Europa vorzufinden sind. Alternativ angetriebene Lokomotiven sind zunehmend in den ersten Ländermärkten verfügbar, für die breite Masse der europäischen Eisenbahnverkehrsunternehmen (die im Schienengüterverkehr unter großem Kostendruck stehen) aber noch nahezu unerschwinglich und oft mit zusätzlichen Herausforderungen verbunden.
Der vorhandene Transformationswille der Akteure wird so im Einzelfall vielfach von ökonomischen und betrieblichen Bedenken gebremst. Nichtsdestotrotz sieht SCI Verkehr auch in Europa ausgehend von einem geringen Niveau mittelfristig einen stark wachsenden Markt für das Neufahrzeuggeschäft der oberleitungsunabhängigen Lok-Traktion. Einen anderen Weg gehen die großen asiatischen Märkte China und Indien. Umfangreiche Investitionen in die Streckenelektrifizierung ermöglichen die Abkehr von der Dieseltraktion im Neufahrzeuggeschäft und erfordern gleichzeitig nur punktuell alternativ angetriebene Lokomotiven.
Aufgrund planungsrechtlicher Hürden und hoher Investitionskosten scheuen europäische Länder diesen Weg. In der neuen Studie „Diesel and alternative drive locomotives 2023 – Global Market Trends“ illustriert die SCI Verkehr GmbH diese und weitere Entwicklungen. Der weltweite Markt für neue, dieselbetriebene und alternativ angetriebene Lokomotiven befand sich im Jahr 2023 auf einem geringen Niveau von etwa 2,62 Milliarden Euro. Das Neufahrzeuggeschäft für Diesellokomotiven ist seit vielen Jahren aus vielfältigen Gründen stark unter Druck geraten.
In Ländern mit bedeutenden Flotten wie China (stark steigende Elektrifizierung des Netzes – keine Auslieferungen mehr seit 2019) und den USA (neues Betriebskonzept der Güterbahnen erlaubt Flottenreduktion – Fokus zuletzt auf Modernisierung bestehender Flotten) sind die Auslieferungen massiv eingebrochen. Ausgehend von einem niedrigen Niveau erwartet SCI Verkehr dennoch einen deutlichen Anstieg des Neufahrzeuggeschäfts auf 3,97 Milliarden Euro im Jahr 2028. Alternative Antriebe haben sich vielfach aus dem Stadium der Erprobung herausentwickelt und werden deutlich an Marktanteil gewinnen.
Die Regionen mit dem größten Handlungsdruck in Sachen Emissionsminderung ihrer Flotten sind gleichzeitig die Regionen mit dem größten Neufahrzeugvolumen: Europa und Nordamerika. In Europa werden derzeit die letzten größeren Flotten Diesellokomotiven ausgeliefert und alternative Antriebe bestimmen bereits jetzt das Neufahrzeuggeschäft. Primär sind es Staatsbahnen und Leasingunternehmen, die in größerem Umfang in alternativ angetriebene Lokomotiven investieren. Von einem Dieselausstieg kann daher zumindest im Weltmaßstab auf der Schiene keine Rede sein.