Die Schiene wirklich verbessern
14.12.23 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Der Fahrplanwechsel ist jedes Jahr kurz vor Weihnachten ein letzter Höhepunkt des Eisenbahnjahres. Tatsächlich muss man anerkennen, dass die SPFV-Leistungen nicht mehr ausgedünnt, sondern ausgebaut werden. Man gibt nicht mehr im April bekannt, welche Fernverkehrszüge im Dezember abgeschafft werden, sondern die DB AG versucht offensiv besser zu werden. Ob sie das schafft, ist jedoch eine andere Frage.
Wir wissen nicht, ob die Züge, die man jetzt zusätzlich in den Fahrplan geschrieben hat auch wirklich gefahren werden. Zumal wir uns ja auch mitten im selbst ausgerufenen „Jahrzehnt der Baustellen“ befinden, sodass man immer wieder mit langfristigen Streckensperrungen, Umleitungen oder Schienenersatzverkehren rechnen muss. Dabei ist völlig unklar, ob die ebenfalls in den 2020er Jahren neu aufgekommenen Lieferengpässe und das Thema Personalmangel auch bei Baufirmen ein Problem sind.
Wir wissen nicht, ob wir in Zukunft damit rechnen müssen, dass Baustellen wegen Personalmangel auch mal einige Wochen ruhen oder falls Personal da ist, kommen keine Baustoffe nach. Es ist vollkommen ungeklärt, ob DB Netz (oder demnächst InfraGo) sich auf derartige Szenarien in irgendeiner Form vorbereitet hat.
Gibt es Grundsatzverträge mit Bauunternehmen, in denen diese sich verpflichten, die Eisenbahninfrastruktur des Bundes prioritär zu behandeln? Sagt man anderen Kunden ab, weil die DB AG Vorrang hat? Oder sitzt man wie das Kaninchen vor der Schlange und hofft, dass nichts passiert? Und was ist, wenn so ein Busersatzverkehr unerwartet verlängert werden muss, das Busunternehmen aber schon Folgeaufträge hat? Auch Busse und Busfahrer wachsen nicht auf den Bäumen.
Zumal da im Fernverkehr auch ein Thema ist, über das viele nicht gerne sprechen, aber es spielt eine Rolle: Anders als im Regionalverkehr gibt es im Fernverkehr keinen Aufgabenträger. Wenn die DB AG also eigenmächtig Zugleistungen streicht, weil man Wartungsrückstände, Personalmangel oder sonst was hat, dann können die das erst mal ohne weitere Konsequenzen machen.
Da kommen keine Einladungen von Aufgabenträgern, keine Abmahnungen und keine Androhungen oder tatsächliche Kündigungen von Verkehrsverträgen wie im Nahverkehr. Überhaupt ist das so eine Sache im SPFV: Wenn die DB AG sich morgen überlegt „Von Dortmund nach Berlin fahren wir nicht mehr“, dann könnte niemand was dagegen tun. Wir sind jetzt am Ende des dreißigsten Jahres der Eisenbahnreform, seit dem Ende der alten Behördenbahn ist eine ganze Generation vergangen.
Jetzt wird es Zeit, sich Gedanken um eine politische Steuerung des Fernverkehrs zu machen. Hierzu braucht man einen Aufgabenträger auf Bundesebene, eine einzurichtende Behörde, die dem Bundesverkehrsministerium nachgeordnet wäre und die dafür sorgt, dass die Qualität auch im SPFV stimmt. Denn das Erfolgsmodell Nahverkehr lässt sich auch auf den Fernverkehr übertragen, jedoch nicht wenn die politische Eben weiterhin nur als Bittsteller im Bahntower auftritt.
Siehe auch: Neuer SPFV-Fahrplan bei der DB AG
Foto: Deutsche Bahn AG / Steve Wiktor