Der SPFV-Aufgabenträger muss her
04.12.23 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Zunächst einmal ist es richtig klarzustellen, dass bei allen Strecken, die den SPFV betreffen, der Bund eine Zuständigkeit auch beim Bau der Infrastrukturanlagen hat. Die Länder müssen sicher mit ins Boot geholt werden, aber zu sagen, dass der Bund gar keine Befugnis habe, etwa Machbarkeitsstudien in Auftrag zu geben, ist jetzt endgültig vorbei, zurecht.
Denn vergessen wir nicht: Für den Personenverkehr auf der Schiene, soweit es nicht der SPNV ist, ist der Bund zuständig. Das nähere regelt ein Bundesgesetz, so steht es in Artikel 87e des Grundgesetzes. Der Bund ist demnach verpflichtet, den Fernverkehr zu organisieren und ein Gesetz zu erlassen, in dem alles nähere geregelt wird. Es obliegt dabei ausdrücklich nicht einem einzelnen Bundesverkehrsminister zu definieren, dass kein Verkehrsbedürfnis vorhanden sei, sondern dies gilt es nach objektiven Kriterien zu ermitteln.
Dabei ist es ein Überbleibsel aus den Nullerjahren, als der damalige Zeitgeist alles dem Markt überlassen wollte, dass es für den SPFV noch keinen Aufgabenträger gibt. Man hat damals gehofft, dass die vielfach zitierte „unsichtbare Hand des Marktes“ alles aufbauen würde, andere Akteure könnten dazukommen und man brauche den Staat nicht. Heute wissen wir, dass das nicht der Fall ist, aber noch immer sind es die Lobbyisten der DB AG, die in der Politik wirksam Veränderungen vermeiden.
Auch aus der Initiative Deutschlandtakt heraus traut man sich bis heute nicht auszusprechen, dass die Eigenwirtschaftlichkeit im SPFV nicht funktioniert. Die Verantwortlichen wissen genau, dass sie die gesamte Unterstützung der DB AG sofort verlieren würden, wenn sie das einmal aussprechen. Dabei gab es ja durchaus Versuche, das in Artikel 87e des Grundgesetzes vorgeschriebene Gesetz zu erlassen, bereits zweimal hat der Bundesrat ein solches verabschiedet und beide male wurde das Gesetz nie im Bundestag debattiert.
Hier geht es also nicht mehr nur im Eisenbahnthemen, sondern auch um staatsrechtliche Grundsatzfragen. In welchem Verhältnis stehen die beiden Kammern zueinander und wieso ist der Bundestag nicht verpflichtet, sich mit im Bundesrat verabschiedeten Gesetzen zumindest innerhalb einer bestimmten Frist zu befassen?
Aber auch die Landesverkehrsminister müssen sich an die eigene Nase fassen: Ihr wollt doch einen guten SPFV bei Euch vor Ort, wo bleibt die Klage vor dem Karlsruher Bundesverfassungsgericht? Artikel 87e des Grundgesetzes verpflichtet den Bund, ein solches Gesetz zu erlassen, zwei im Bundesrat verabschiedete Gesetze wurden vom Bundestag ignoriert, also ist jetzt der Klageweg erforderlich geworden.
Denn selbst wenn die Länder Regionalisierungsgelder an die DB Fernverkehr AG ausschütten gibt es davon noch kein Controlling und keine Maßnahmen gegen Schlechtleistungen. Das könnte man bei einem Aufgabenträger auf Bundesebene sehr wohl tun: Da hätte man Mittel und Wege, gegen Schlechtleistungen vorzugehen – die hat man jetzt nicht. Aber hier gilt es in den kommenden Jahren dicke eisenbahnpolitische Lobbyistenbretter zu bohren.
Siehe auch: Deutschlandtakt bekommt Gesetzeskraft
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