Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

  • Schlagwörter

Die Lohnsprünge werden kommen

06.11.23 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Wir alle wissen, dass künftige Tarifverträge in der Eisenbahnbranche deutlich teurer werden. Man braucht nicht nur neue Mitarbeiter, sondern man muss auch das Bestandspersonal halten. Gerade Quereinsteiger, die aus allen möglichen Berufen kommen, haben eben oft auch die Möglichkeit, schnell wieder auszusteigen. Wer von Haus aus Elektriker, Klempner oder Industriemechaniker ist, der kann auch in seinen alten Beruf zurückkehren, wenn es bei der Eisenbahn doch nicht so schön ist wie gedacht.

Natürlich weiß auf Nachfrage niemand in der Branche, wie hoch die Fluktuationsquote ist. Es wird anerkannt, dass das Halten von Mitarbeitern so wichtig ist wie die Neuakquise, aber wirklich etwas draus gemacht wurde noch nicht. In Österreich hat man eine klare Definition: Wer innerhalb der ersten 24 Monate nach der Ausbildung die Eisenbahnbranche wieder verlässt, der gilt als Schnellfluktation.

Es sind knapp zwanzig Prozent. Von einem neu ausgebildeten Triebfahrzeugführer ist also einer in den ersten zwei Jahren wieder weg. Es gibt keinen Grund, davon auszugehen, dass diese Quote in Deutschland wesentlich höher oder niedriger ist als in Österreich. Wenn man die Leute, die man für viel Geld ausgebildet hat, aber langfristig halten möchte, dann geht das nur mit guten Löhnen.

Gerade die DB AG ist ja nochmal in einer Sondersituation. Noch bis vor ein paar Jahren ist der Konzern mit dem Narrativ durch die Lande gezogen, dass man als einziger Branchenakteur überhaupt auskömmliche Gehälter bezahle. Ausschreibungsverluste von DB Regio wurden immer wieder genau damit erklärt: Weil DB Regio auskömmliche Gehälter zahlt, die Konkurrenten aber nicht, würden die Ausschreibungen eben wegen zu hoher Lohnkosten verloren gehen. Das war vor einigen Jahren falsch und ist es heute noch.

Aber die DB AG steht auch innerhalb der Eisenbahnbranche in Konkurrenz um gute Mitarbeiter. Warum sollte man also nicht als Branchenführer sagen: Seht her, wir bezahlen deutlich überdurchschnittlich und wer zu uns kommt, der verdient besonders gut. Hier gilt es also, positive Anreize zu setzen. Wahrscheinlich weiß man das im DB-Konzernvorstand intern auch und macht sich Gedanken darum, dass man gute Mitarbeiter auch gut bezahlen will.

Aber anders sieht das bei einer weiteren Arbeitszeitverkürzung aus. Bereits die letzten Tarifabschlüsse haben hier in der Eisenbahnbranche, nicht nur bei der DB AG, für Probleme gesorgt. Dass Überstunden nicht mehr ohne Ende gemacht werden, dass man sie nicht am Monatsende bezahlt, sondern dass sie noch im laufenden Monat, spätestens aber im laufenden Kalenderjahr abgefeiert werden müssen, stellt viele Unternehmen vor Probleme.

Wenn jemand 42 Urlaubstage hat und seine Freizeit formaljuristisch selbst finanziert, dann fehlen sie trotzdem kurzfristig bei der Arbeit. Aber auf der anderen Seite gilt es auch, die Gesundheit so zu schützen, dass die Leute bis 67 arbeiten können. Kurzfristig mag es also ein Problem sein, langfristig jedoch sichert es die Arbeitskraft. Auch diese Erkenntnis darf man nicht vergessen.

Siehe auch: GDL und DB AG vor neuem Tarifkonflikt
Foto: Deutsche Bahn AG / Volker Emersleben

Kommentare sind geschlossen.