BEG publiziert Jahrespünktlichkeitswerte 2022
02.11.23 (Bayern) Autor:Stefan Hennigfeld
Die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) hat für das Jahr 2022 die Zahlen zur Pünktlichkeit veröffentlicht. Im bayernweiten Durchschnitt lag die Pünktlichkeitsquote der Regionalzüge und S-Bahnen bei 88,1 Prozent (2021: 92,3 Prozent). Damit fiel der Wert erstmals seit der Übernahme der Verantwortung für den bayerischen SPNV durch den Freistaat im Jahr 1996 unter neunzig Prozent. Als pünktlich gewertet werden alle Züge, die weniger als sechs Minuten Verspätung haben. Wesentlicher Treiber für die Verspätungen waren Mängel an der Schieneninfrastruktur. 4,9 Prozent der Verkehrsleistungen sind ausgefallen (2021: 4,5 Prozent).
„Das ist leider mehr als eine Momentaufnahme. Bei diesen Werten und den Auslösern dafür müssen beim Bund und der Deutschen Bahn die Alarmglocken schrillen. Umso wichtiger wäre, dass beide bei der Sanierung jetzt nicht nur die Hochleistungskorridore im Fokus haben, sondern auch Strecken im ländlichen Raum“, bemängelt Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU).
Er wies zudem darauf hin, dass die Entwicklung der Nahverkehrspünktlichkeit ein bundesweiter Negativtrend sei. „Es ist nicht neu, dass die Schiene unter einem jahrzehntelangen Sanierungsstau leidet. Neu ist aber, dass sich die Situation derart zuspitzt. Die Infrastrukturprobleme werden immer offensichtlicher – auch weil der Verkehr auf der Schiene immer neue Rekorde erreicht“, kommentiert Thomas Prechtl, Sprecher der Geschäftsführung der BEG, die Pünktlichkeitsstatistik für den Freistaat.
„Entscheidend ist jetzt, dass Bund und DB die infrastrukturellen Probleme in den Griff bekommen. Es gibt dabei nichts schönzureden: Bis die vielen von der DB angekündigten Infrastrukturmaßnahmen abgeschlossen sind und sich die Situation für die Fahrgäste bayernweit spürbar verbessert, brauchen wir alle miteinander noch einiges an Durchhaltevermögen“, so Prechtl.
Größter Verursacher von Verspätungen war die Infrastruktur. Störungen an Leit- und Sicherungstechnik, Weichen und Bahnübergängen verursachten 27,7 Prozent der verbuchten Verspätungsminuten, 8,8 Prozent gingen auf Bauarbeiten zurück. Insbesondere Langsamfahrstellen aufgrund von Fahrbahnmängeln und Gleislagefehlern stachen 2022 hervor. Ergänzend hinzu kam für das Jahr 2022 der dreimonatige Effekt des Neun-Euro-Tickets.
Aufgrund des teils großen Fahrgastandrangs nahm das Ein- und Aussteigen mehr Zeit in Anspruch als üblich, sodass die Züge oftmals die Haltezeiten gemäß Fahrplan nicht einhalten konnten. Entsprechend sind betriebliche Gründe, also Verspätungen, die im Verantwortungsbereich der Verkehrsunternehmen liegen, mit 22,9 Prozent in die Statistik eingeflossen. Neben Haltezeitüberschreitungen zählen zu dieser Kategorie auch Fälle, in denen Personal nicht rechtzeitig am Einsatzort ist oder sich die Bereitstellung der Fahrzeuge verzögert.
Externe Einflüsse, wie behördliche Anordnungen oder witterungsbedingte Verspätungen und „gefährliche Ereignisse“ – also beispielsweise Personen im Gleis oder Notarzteinsätze – schlugen zusammengefasst mit 18,8 Prozent zu Buche. 10,5 Prozent aller Verspätungsminuten in Bayern gehen auf das Konto von Zügen, die am Bahnhof auf verspätete Züge gewartet haben, damit Fahrgäste ihren Anschluss erreichen. 9,9 Prozent der Verspätungsminuten waren auf Fahrzeugstörungen zurückzuführen.
Deutlich überdurchschnittlich war das Netz Alex-Nord der Länderbahn von Verspätungen betroffen. Nur 68,6 Prozent der Züge waren in diesem Netz pünktlich, ein Minus von knapp 14 Prozentpunkten (2021: 82,5 Prozent). Mit Pünktlichkeitsquoten unter achtzig Prozent notierten auch die Netze Donau-Isar-Express von DB Regio (77,0 Prozent, 2021: 90,0 Prozent), Main-Spessart-Express von DB Regio (77,4 Prozent, 2021: 83,8 Prozent) und Chiemgau-Inntal der Bayerischen Regiobahn (77,5 Prozent, 2021: 90,4 Prozent).
Hauptursachen waren hier jeweils Langsamfahrstellen sowie Haltezeitüberschreitungen im Zeitraum des Neun-Euro-Tickets. In den Netzen Alex-Nord und Chiemgau-Inntal sammelten sich zusätzliche Verspätungsminuten aufgrund von Grenzkontrollen in Furth im Wald beziehungsweise Freilassing an. Generell lässt sich die Leistung der einzelnen Eisenbahnverkehrsunternehmen mit Blick auf die Pünktlichkeitswerte nur sehr bedingt vergleichen: Strecken, auf denen Regionalzüge komplett oder überwiegend allein unterwegs sind, schneiden naturgemäß besser ab als Strecken mit Mischverkehr mit, Fern- und Güterzügen und betrieblichen Wechselwirkungen.
Siehe auch: Die dramatische Entwicklung geht weiter