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Zurecht die Notbremse gezogen

26.10.23 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Das war ein riesiges Verlustgeschäft. Nicht nur, dass man Arriva im Jahr 2010 rund eine Milliarde Euro mehr gekauft hat als man jetzt an Verkaufserlösen erzielt hat, sondern über die Jahre haben sich massive Verluste angesammelt. Dabei war es durchaus verständlich, damals im Jahr 2010: Der Börsengang war gerade abgesagt, aber irgendwie noch immer im Bereich des möglichen.

Am Vorabend des Abellio-Urteils war klar, dass man im deutschen Inland Marktanteile wird abgeben müssen. Entsprechend hat man sich im Ausland engagiert. Aber da war doch noch was, oder? Genau, als die DB AG Arriva übernommen hat, war das Unternehmen auch hier in Deutschland tätig. Die deutschen Aktivitäten wurden dann an die italienische Staatseisenbahn verkauft, wir nennen es heute Netinera.

Aber natürlich hatte man im Bahntower damals die Hoffnung, dass sich die Möglichkeit bietet, bei deutschen Arriva-Unternehmen, wie z.B. dem Metronom aus Uelzen, einmal in die Bücher reinzugucken. Damals hat DB Regio zwar noch um den Direktvergabemarkt gekämpft, wusste aber, dass man erhebliche Probleme bei einer Ausschreibungsteilnahme hatte. DB Regio war damals der Branchenprimus, war aber in dieser Zeit noch nicht in der Lage, marktnahe Kalkulationen und Angebote abzugeben.

Das ist heute anders, aber diese Erkenntnis musste man aufwendig aufbauen. Das Bundeskartellamt hat ihnen nicht die Möglichkeit gegeben, den Metronom näher angucken zu dürfen. Richtig so kann man da im Nachhinein nur sagen, aber damit ist einer der Hauptgründe für diese Arriva-Übernahme bereits ganz am Anfang weggebrochen.

Nun ist man aber vor allem einen Verlustbringer los, was angesichts der finanziellen Schieflage des Konzerns wohl dringend geboten ist. Niemand weiß, welche faulen Eier noch in der Bilanz versteckt sind und welche Kostenfallen hochzugehen drohen. Für die deutsche Staatseisenbahn ist es definitiv ein Vorteil, aus der Nummer rausgekommen zu sein. Das Ziel, dass man im ausländischen Personenverkehr Geld verdienen kann, hat sich nie erfüllt.

Und vergessen wir nicht: Die Nettofinanzverschuldung der DB AG kratz an der Marke von dreißig Milliarden Euro, die Verkaufserlöse sind also nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die alte Behördenbahn hatte am Ende des Jahres 1993 einen Schuldenstand von 66 Milliarden D-Mark. Inflationsbereinigt mag das damals noch mal mehr gewesen sein, allerdings zeigt es, wie brisant die Finanzlage des Konzerns ist, der am 1. Januar 1994 komplett schuldenfrei an den Start gegangen ist.

Wenn laufende Kredite in den kommenden Jahren zur Refinanzierung anstehen, wird auch die Zinslast wieder stärker drücken. Seit letztem Jahr steigen die Zinsen im Euroraum wieder, was sich mit einiger Verzögerung auch bei der DB AG bemerkbar machen wird. All das zeigt, wie dramatisch die finanzielle Situation ist. Auch wenn man Arriva mit Verlust verkauft hat. Irgendwann darf man dem schlechten Geld kein gutes Geld mehr hinterherwerfen. Hier muss man die Notbremse ziehen.

Siehe auch: DB AG stößt Arriva ab
Foto: Deutsche Bahn AG / Arriva

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