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Symbolpolitik reicht nicht

02.10.23 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Lange Zeit war das Projekt InfraGO unbestimmt und niemand wusste, was genau draus werden sollte. Nun wird es konkret und im neuen Jahr wird die die gesamte Infrastrukturbewirtschaftung unter dem Dach eines neuen Unternehmens gebündelt: Die InfraGO AG ist zuständig und der Name, der auf den Zusatz DB verzichtet, ist somit eine Grundvoraussetzung für eine spätere Trennung von Netz und Betrieb, wenn das politisch mehrheitsfähig sein sollte.

Doch selbst wenn das Unternehmen unter dem Dach des Konzerns verbleibt, hieße das, dass der Betrieb der Infrastruktur Vorrang vor den Interessen des Konzerns hat. Ob das in der praktischen Realität auch passiert, bleibt abzuwarten. Wir wissen momentan nicht, wie transparent die Geldflüsse sind oder welche Kontrollmechanismen es für die Infrastrukturqualität gibt.

Schon lange gibt es Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen, die aber eben nicht die Qualität der Infrastruktur messen, sondern denen Eigenberichte von DB Netz ausreichen. Wie geht man in Zukunft damit um, wenn die Infrastruktur verfällt, weil es kaputte Signale oder Weichen gibt? Was macht ein Aufgabenträger, wenn es auf einem bestimmten Streckenast immer wieder Probleme wegen defekter Bahnübergänge gibt? Welchen Rechtsstand hat in diesem Fall ein Eisenbahnverkehrsunternehmen?

Die neue InfraGO AG soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass es nicht ausreichen kann, wenn der Infrastrukturbetreiber ohne großartige Aufsicht die Infrastruktur bewirtschaftet. Wenn man mit den einschlägigen Lobbyverbänden aus dem Vorfeld der DB AG spricht, dann wird man hören, dass mögliche Probleme bestenfalls Spätfolgen der Mehdorn-Zeit seien und dass die Zusammenarbeit zwischen Aufgabenträgern, Verkehrsunternehmen und Infrastrukturbetreibern heute besser geworden sei. Ob das ist, sei dahingestellt.

Was soll denn ein Aufgabenträger tun, wenn an einer S-Bahnstation die Rolltreppe über Monate kaputt ist, wenn die Bahnhofsuhr nicht geht, wenn Aufzüge nicht repariert werden und vieles mehr? Noch immer gibt es nicht die Möglichkeit, Schlechtleistungen im Bereich der Infrastruktur ebenso zu pönalisieren wie beim Verkehr. Wenn die Zugtoilette wochenlang gesperrt ist, werden die Entgelte entsprechend gesenkt. Wenn die Bahnhofstoilette genauso lange gesperrt ist, passiert gar nichts. Der Aufgabenträger und auch das Eisenbahnverkehrsunternehmen bleiben Bittsteller, jetzt noch bei DB Netz und bald bei InfraGO.

Neben Pönalisierungen bei Schlechtleistungen bräuchte man auch Maßnahmen, die man bei einer weiteren Eskalation ergreifen kann. Wenn so ein Aufzug über einen gesetzlich zu definierenden Zeitraum nicht repariert wird, dann muss das ganze eben per Ersatzvornahme passieren. Der Aufgabenträger beauftragt dann eine Baufirma auf Kosten des Infrastrukturbetreibers. Das wären die Maßnahmen, die man bräuchte, um die Qualität im Infrastrukturbereich zu sichern. Aber scheinbar sind die Lobbyisten der DB AG noch immer so erfolgreich unterwegs, dass so etwas nicht passiert.

Siehe auch: InfraGO auf den Weg gebracht
Foto: Deutsche Bahn AG / Axel Hartmann

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