Die Eisenbahnkrise ist auch eine Konzernkrise
23.10.23 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Wenn man sich die Zahlen der DB AG ansieht, dann stellt man fest, dass nicht nur Deutschland in einer schweren Eisenbahnkrise steckt, sondern dass auch der bundeseigene Konzern DB AG in einem dramatischen Zustand ist. Wir sprechen nicht nur von Gewinneinbrüchen, sondern auch von Überschuldung. Rüdiger Grube hat in all seinen Planungen immer das Ziel gehabt, aus den Problemen rauszuwachsen.
Mit gigantischen Umsatzzuwächsen wollte er die Verschuldungsquote im relativen Verhältnis dazu absenken. Wir wissen aber heute: Das funktioniert nicht. Es funktioniert nicht nur nicht bei der DB AG, sondern auch das noch immer ausgegeben Ziel, die Fahrgastzahlen auf der Schiene zwischen 2020 und 2030 zu verdoppeln, ist völliger Humbug. Das ist auch nicht in weite Ferne gerückt, sondern das ist einfach dummes Zeug, das von Leuten verbreitet wird, die es nicht nur besser wissen müssten, sondern die es für sich auch besser wissen werden.
Und da stellt sich die Frage: Wofür braucht man eigentlich ein staatliches Verkehrsunternehmen? Ist es Aufgabe des Bundes, Güter zu speditieren und hiermit einen riesigen Verlust einzufahren? Nein, das ist es nicht. Weder auf der Straße noch auf der Schiene oder auf Wasserwegen muss der Staat Güter von A nach B bringen. Warum also geht man nicht einfach her und bringt ein Unternehmen wie DB Cargo an die Börse oder verkauft es an einen Investor? Es stehen ausreichend Unternehmen bereit, die in der Lage sind, die Leistungen zu übernehmen. Was soll so eine Geldverbrennungsmaschine in der deutschen Staatseisenbahn?
Auch im Regionalverkehr muss man ja sagen, dass man ein klassisches Bundesunternehmen gar nicht braucht. Natürlich ist DB Regio ein akzeptabler Marktakteur. Allerdings, und da kann so mancher Aufgabenträger ein Lied von singen, ein loyaler Geschäftspartner ist DB Regio ebenso wenig wie alle anderen. In Baden-Württemberg hat man jüngst ein landeseigenes Unternehmen vergrößert, auch wenn man dort jetzt wieder den gegenteiligen Weg gehen möchte.
Was aber Sache das Bundes ist, ist die Vorhaltung einer hochleistungsfähigen Infrastruktur für Verkehrsleistungen aller Art. Hier jedoch haben die Verbände recht, dass die Gründung der InfraGo allenfalls halbherzig ist. Noch immer wird die große Eisenbahnpolitik im Bundeskanzleramt gemacht und es ist die EVG, die in der Kanzlerpartei die Eisenbahnpolitik vorgibt. Hier ist man traditionell für den Erhalt des Konzerns, ja sogar für den Preis eines integrierten Börsengangs. Man hat sich so auf den integrierten Konzern gestürzt, dass die EVG noch unter dem Namen Transnet in den Nullerjahren die einzige Eisenbahnergewerkschaft der Welt war, die jemals die Privatisierung der Eisenbahn befürwortet hat.
Aber jetzt stehen wir da und wissen nicht, wohin die Reise geht. Eine Prognose seit gewagt: Noch in diesem Jahrzehnt wird die DB AG eine Kampagne anschieben zur neuerlichen Konzernentschuldung auf Kosten des Bundeseisenbahnvermögens. Anders sind die Konzernfinanzen nämlich kaum zu retten.
Foto: Verbände stellen achten Wettbewerberbericht vor
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