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Demokratische Institutionen respektieren

11.09.23 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Ludolf Kerkeling bringt es auf den Punkt: Die DB AG ist ein Staat im Staate, sie ist eine Machtstruktur parallel zu den offiziellen demokratischen Institutionen der Bundesrepublik. Das ist nicht neu. Schon die alte Behördenbahn konnte man als einen Staat im Staate sehen, der am Schluss nicht mehr reformfähig war und folgerichtig blieb nur die Abschaffung und die Neugründung der DB AG.

Nicht eine Privatisierung der Eisenbahn war das Ziel, sondern eine Stärkung des Verkehrsträgers Schiene, indem man eine nicht mehr tragbare Institution abgeschafft und durch etwas neues ersetzt hat. Wenn jetzt aber bei Fragen der Mittelverwendung die Bundesregierung gerade nicht dafür sorgt, dass der Bundesrechnungshof Einsicht in die Strukturen dieses Unternehmens erhält, sondern im Gegenteil sagt, dieser solle doch vor ein Gericht ziehen, dann zeigt das die Hilflosigkeit demokratisch legitimierter Institutionen dieser DB AG gegenüber.

Hartmut Mehdorn war in den frühen Nullerjahren in der Lage, dass er sich einen Bundesverkehrsminister aussuchen konnte. Er hat bestimmt, dass Kurt Bodewig nach der Bundestagswahl 2002 nicht erneut in das Kabinett von Gerhard Schröder eintritt und man hat den damals schon im fortgeschrittenen Alter befindlichen Pastor Manfred Stolpe aus dem politischen Ruhestand reaktiviert. Dieser war mit der Einführung der LKW-Maut auf allen Ebenen überfordert und dafür konnte Hartmut Mehdorn bei der Eisenbahn schalten und walten, wie er wollte.

Ganz augenscheinlich haben wir heute erneut eine solche Situation oder wir haben sie wieder gekriegt. Aber was sind das für innerstaatliche Machtstrukturen, die parallel zur Bundesregierung existieren? Was sagt es demokratietheoretisch aus, wenn ein auch mit gemeinnützigen Aufgaben, nämlich der Bewirtschaftung der Eisenbahninfrastruktur, beauftragtes Bundesunternehmen relevante Informationen geheim hält, dem Bundesrechnungshof nicht offenlegt und die Bundesregierung steht betreten daneben und sagt kleinlaut: Ja, vielleicht könnt Ihr ja klagen.

Ganz offensichtlich hat man das Primat der Politik zumindest in Eisenbahnfragen freiwillig aufgegeben. Anders ist nicht zu erklären, dass man dem Bundesrechnungshof wichtige Daten vorenthält. Zumal man ja mitnichten sagen kann, dass alles in Ordnung wäre. Wichtige Leuchtturmprojekte wie die zweite S-Bahnstammstrecke in München, wie Stuttgart 21, aber auch andere Ausbauten kommen nicht voran, werden aber dafür immer teurer. Stuttgart 21 sollte im Dezember 2017 an den Start gehen, jetzt sind wir sechs Jahre weiter und es noch immer kein Inbetriebnahmedatum in Sicht.

Beim Berliner Flughafen war das ganze noch ein bundesweiter Skandal, auch wenn es am Ende kabarettreife Züge angenommen hat. Aber das ist hier bei der Eisenbahn nicht anders. Nun mag die Umwandlung der DB Netz AG in eine gemeinnützige InfraGo-Gesellschaft eine gute Idee sein. Aber vor allem braucht man umfassende Informations- und Auskunftsrechte für die Institutionen unserer Demokratie. Die Eisenbahn ist keine Geheimwirtschaft.

Siehe auch: Verbände fordern wirksamere Kontrollen der DB AG
Foto: Deutsche Bahn AG / Christian Bedeschinski

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