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Wo wir stehen und wo wir hinwollen

03.08.23 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Corona ist vorbei und dank des Deutschlandtickets war die Nachfrage gerade im Mai und Juni besonders hoch. Das sorgt dafür, dass die Zahlen wieder besser aussehen. Es gibt bereits Erhebungen für die Monate Juni, Juli und August 2022, als die drei Monate, in denen das Neun-Euro-Ticket gegolten hat: In dieser Zeit ist die Zahl der Eisenbahnfahrten massiv nach oben gegangen, aber die anderen Verkehrsarten sind nicht gesunken.

Ein Großteil dessen, was also auf der Schiene stattgefunden hat, waren demnach reine Spaß- und Partyfahrten in den Ferienmonaten. Die Insel Sylt kann ein Lied davon singen und so manche Feier hätte ansonsten vermutlich in einem Schrebergarten in Essen-Bergeborbeck stattgefunden. Derweil stehen politisch große Änderungen an: Es soll eine gemeinnützige Infrastrukturgesellschaft geben, wobei noch unklar ist, ob diese nun DB Netz oder InfraGo heißen wird oder ob das eine unter dem Dach des anderen steht.

Fakt ist: Es soll keine Gewinnabflüsse mehr zugunsten des Konzerns geben, sondern die Infrastruktur soll so bewirtschaftet werden, wie es bei Infrastruktur üblich ist. Gemeinwirtschaftlich. Da ist die Mofair-Forderung natürlich richtig, dass auch Vertreter der Wettbewerbsbahnen einen Sitz im Aufsichtsrat haben müssen. Zum einen weil diese als Nutzer natürlich am ehesten wissen, worauf es ankommt.

Wenn man auf den zwanzig Streckenkilometern zwischen Neuss und Krefeld insgesamt 14 defektanfällige Bahnübergänge hat, dann ist das ein Thema, das man mit dem dort im SPNV aktiven Unternehmen besprochen muss. Im konkreten Fall wäre das National Express, aber es gibt zahllose ähnlich gelagerte Fälle mit allen möglichen betroffenen Verkehrsunternehmen. Man muss attestieren, dass die Infrastruktur insgesamt verfällt – auch wenn die einschlägigen Lobbyisten das nicht hören wollen.

Es gibt zahlreiche Eisenbahnstrecken in Deutschland, die werden von DB Netz betrieben, dort fährt aber kein Zug des roten Konzerns mehr. Sowohl im Güter- als auch im Regionalverkehr sind alle möglichen Unternehmen unterwegs und die DB AG ist nur ein Akteur von vielen. Also muss natürlich auch ein Vertreter der Wettbewerbsbahnen ist das Aufsichtsgremium eines solchen zu schaffen (oder umzubenennenden) Unternehmens.

Zumal, und auch hier hat Matthias Stoffregen recht, eine vernünftige Transparenz her muss. Eine der wichtigsten Fragen dieser Zeit ist meiner Ansicht nach jedoch noch gar nicht gestellt worden: Wie ist DB Netz auf einen möglichen Mangel an Bau- und Rohstoffen vorbereitet? Was passiert, wenn es wieder Schwierigkeiten bei den Lieferketten gibt oder wenn Baufirmen den gleichen Personalmangel haben, mit dem auch Eisenbahnunternehmen zu kämpfen haben?

Gibt es hier Rahmenverträge, dass man sich eine prioritäre Behandlung gesichert hat? Gibt es irgendeine Vorbereitung, wie man reagiert, wenn mitten in einer Baustelle auf einmal die Nachschublieferung an Baustoffen ausbleibt? Auch darüber muss man in diesen verrückten Zeiten sprechen. Viel mehr als über die plumpe Forderung nach mehr Geld.

Siehe auch: DB AG stellt Halbjahresbilanz 2023 vor
Foto: Deutsche Bahn AG / Annette Riedl

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