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Investieren, aber auch realisieren

17.08.23 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Während man vor Ort die Zukunft fördert, diskutiert Deutschland dieser Tage über das bundesweite 49-Euro-Ticket. Achso, es heißt ja offiziell Deutschlandticket und bei der Einführung war die Sprachregelung von einem Startpreis von 49 Euro – man hat also erheblichen Preiserhöhungen bereits vorgebaut, wenn es bei den Bund-Länder-Verhandlungen zu keiner Einigung kommt.

Aktuell drohen die Länder, das ganze Projekt zu stoppen, weil man nicht bereit ist, sich an möglichen Mehrkosten zu beteiligen. Legendär war letzten Herbst der bayrische Landesverkehrsminister Christian Bernreiter (CSU), der über den Bayrischen Rundfunk ausrichten ließ, dass wenn der Bund ein solches Angebot haben möchte, dieser es auch finanzieren müsse. Die Länder hätten da nichts mit zu tun.

Aber wollen wir wirklich, dass die Eisenbahn (wieder) zur Verhandlungsmasse im ewigen Tauziehen zwischen Bund und Ländern wird? Denn gerade jetzt, wo der Bund damit droht, aus der Finanzierung auszusteigen, muss die Eisenbahnbranche auch diesem eine klare Ansage machen: Wenn wir eine Verkehrswende zugunsten des Verkehrsträgers Schiene machen wollen, dann geht das nur mit gesamtstaatlicher Finanzierung.

Das bedeutet, dass ebenso der Bund eine auskömmliche Finanzierung absichern muss wie auch die Länder. Wobei gerade die Länder sind es ja, die über Jahre und Jahrzehnte hinweg durch eine fast pathologische Verweigerungshaltung aufgefallen sind. Wir in Nordrhein-Westfalen hatten in einigen Jahren Landeshaushalte mit einer so gigantischen Neuverschuldung, dass das Landesverfassungsgericht sie einkassiert hat, aber dennoch hat man bei der Eisenbahn den harten Sparkommissar gespielt: Fordern vom Bund geht immer, aber aus dem eigenen Haushalt gibt es nichts.

Da muss man sich nicht wundern, wenn von der Bundesseite her ein ähnliches Spiel kommt. Aber am Ende einer solchen Pokerei muss eine verlässliche Finanzierung stehen, damit die Dinge, die man jetzt vor Ort plant – wie in Aachen – auch was werden können. Uns steht zudem spätestens 2030 eine komplette Neuberechnung der Regionalisierungsgelder ins Haus; möglicherweise auch schon vorher.

Und das ist auch so ein Punkt: Wir haben in Nordrhein-Westfalen zum 31. Dezember 2020 (neuere Daten liegen nicht vor) knapp eine Milliarden Euro nicht verausgabter Regionalisierungsgelder. Zum Stichtag 31. Dezember 2017 waren es bundesweit knapp vier Milliarden Euro. Auch hier mag es zwar sein, dass die Kosten perspektivisch steigen, jedoch muss man sich die Frage stellen, ob wir nicht an der Grenze dessen angekommen sind, was auf Seite der Ressourcen und Kapazitäten leistbar ist.

Können wir überhaupt mehr bauen? Haben wir Bauarbeiter und Baustoffe? Können wir mehr Züge fahren oder scheitert das am fehlenden Personal? Wir wollen digitalisieren, aber haben wir genügend Mikrochips und Halbleiter? Auch das sind Fragen, die man sich jenseits von finanziellen Diskussionen stellen muss. Das möchte man im Moment zwar nur ungern, aber das Thema steht wie ein rosa Elefant im Raum.

Siehe auch: Zweite Bahnknotenkonferenz in Aachen
Foto: go.Rheinland

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