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Warum nicht gleich so?

31.07.23 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

War das jetzt wirklich nötig? Neben mehreren kürzeren Warnstreiks gab es auch einen Super-Warnstreik, den die beiden DGB-Gewerkschaften EVG und Ver.Di gemeinsam im Eisenbahnverkehr und im kommunalen ÖPNV veranstaltet haben. Einen weiteren zweitägigen Warnstreik hat der DB-Konzern gerichtlich verhindern können. Zurecht, denn zwei Tage Arbeitsniederlegungen stehen in überhaupt keinem Verhältnis zu dem, was ein Warnstreik eigentlich sein soll.

Viele haben die Situation nicht so auf dem Schirm, aber ein Warnstreik ist nun einmal noch kein richtiger Ausstand. Für einen solchen bedarf es gescheiterter Tarifverhandlungen und einer Urabstimmung. Genau das hat die EVG auch in die Wege geleitet, nachdem die DB AG ihr einen zweitägigen Warnstreik vor dem Arbeitsgericht hat unterbinden lassen.

Dabei stellt sich die Frage: Kann man nicht auch ohne diese Begleitmusik in ein Schlichtungs- oder Mediationsverfahren eintreten? Musste man wirklich – und das inmitten der schwersten Eisenbahnkrise seit der Pionierzeit – zusätzliches Chaos veranstalten mit zusätzlichen Streikaufrufen? Denn es steht doch außer Frage, dass die Eisenbahner gutes Geld für ihre gute Arbeit bekommen sollen.

In einer Zeit, in der die Branche mit Personalmangel kämpft, mit Verrentungen und Schnellfluktuation muss man sich eben gut aufstellen im Wettbewerb der Arbeitgeber. Nur so bleibt ein zum Lokomotivführer umgeschulter Elektriker dauerhaft bei der Eisenbahn und geht nicht nach kurzer Zeit wieder in seinen alten Beruf zurück. Ja, das ist ein Thema, da will auf Nachfrage niemand wirklich was zu wissen, aber es ist da: Wie viele Leute werden für sehr viel Geld ausgebildet und wechseln dann innerhalb kurzer Zeit wiederum den Arbeitsplatz?

Was man innerhalb der Eisenbahnbranche klären kann und auch tut, geht eben nicht, wenn jemand sich noch einmal komplett umorientiert. Gerade deshalb reicht es nicht nur, genügend interessierte potentielle neue Arbeitnehmer anzuwerben, sondern man braucht auch eine Strategie, die Leute langfristig zu halten. Das geht nur mit guten Löhnen und mit Lohnsteigerungen, die auch deutlich über dem Durchschnitt sind.

Dabei stehen die Eisenbahnunternehmen natürlich auch untereinander in Konkurrenz. Noch bis vor kurzem hat die DB AG das Narrativ gepflegt, sie sei der einzige Marktakteur auf der Schiene überhaupt, der auskömmliche Löhne bezahle. Alle anderen würden Niedriglöhne zahlen und nur deshalb überhaupt Ausschreibungen gewinnen können.

Das hat natürlich nie gestimmt, aber jetzt wäre natürlich für die DB AG als Branchenprimus auch eine gute Zeit, um voranzugehen: Wir wollen die höchsten Löhne in der Branche zahlen, wir möchten, dass gute Eisenbahner im Fahrdienst zu uns kommen und bei uns bleiben, weil sie bei uns die besten Arbeitsbedingungen und die besten Löhne bekommen. Scheinbar kann die DB AG sich nicht dazu durchringen, ihren jahrelangen Worten auch Taten folgen zu lassen. Und so bleibt die Konkurrenz um gute Mitarbeiter gleichermaßen hoch.

Siehe auch: Schlichtungsverfahren zwischen EVG und DB AG abgeschlossen
Foto: Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft

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