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Die Wasserstoffzüge im Laufe der Zeit

17.05.23 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Es gibt eine relativ aktuelle Studie des Verbandes Deutscher Eisenbahningenieure (VDE) zu alternativen Traktionsarten, die sich explizit mit dem Beispiel Dürener Netz beschäftigt und vorschlägt, dort mit Akkutriebzügen zu fahren. Brennstoffzellentriebzüge hält man dort für verhältnismäßig unwirtschaftlicher. Allerdings hat die VDE-Studie den möglichen Nutzen von Wasserstoff-Infrastruktur bei ausschließlichem Gebrauch für den SPNV berechnet. Hier kommt noch der Stadtbusverkehr hinzu, sodass es zusätzliche Synergieeffekte in der Region gibt.

Ebenfalls interessant ist die Frage, wieso man die Flotte auf 17 Triebzüge aufstocken möchte. Für die Verlängerung der Rurtalbahn über Linnich hinaus nach Baal kann es nicht sein, denn dafür holt man sich die Züge von der Eifel-Börde-Bahn nach dem Abschluss der Elektrifizierung. Sollte die Elektrifizierung nicht beendet sein, bevor die Streckenverlängerung aktiv wird, werden auf der Eifel-Börde-Bahn vorübergehend konventionelle Dieseltriebzüge fahren. So hat es NVR-Geschäftsführer Heiko Sedlaczek am 24. Juni letzten Jahres auf der Verbandsversammlung mitgeteilt.

Die zusätzlichen Züge werden also nicht gebraucht, um signifikante Leistungsausweitungen auf der Schiene zu schultern. Allerdings sollen es Mehrfachtraktionen geben, sodass man insgesamt 14 Züge im Regelbetrieb braucht. Dazu wird eine Reserve von etwa zwanzig Prozent vorgehalten, also drei Züge. Selbst bei größeren Werkstattaufenthalten einiger Wasserstoffzüge ist daher nicht zu befürchten, dass es zu Zugausfällen wegen fehlendem Rollmaterial kommt.

Aber gerade das ist sowohl bei Brennstoffzellentraktion als auch bei Akkutriebzügen ein Thema, das wie ein rosa Elefant im Raum steht und über das niemand so recht sprechen mag. Wir müssen es dennoch tun. Niemand von uns weiß, wie gut und wie zuverlässig Züge mit einer bislang nicht im praktischen Alltag erprobten Technologie funktionieren werden. Was passiert denn, wenn diese Züge immer mal wieder in die Werkstatt müssen, weil irgendwas nicht klappt? Und wie sieht das aus, wenn diese Züge eben gerade nicht mehr neu sind, sondern wenn sie acht, zehn oder auch zwanzig Jahre alt sind?

Bei Akkutriebzügen weiß heute niemand, wielange so ein Akku wohl hält und ob dieser innerhalb eines Lebenszyklusses vorfristig getauscht werden muss. Auch bei Wasserstoffzügen kann man nicht sagen, was über die Jahrzehnte passiert und welche aktuell überhaupt nicht absehbaren Werkstattaufenthalte es geben wird. Ist es vielleicht möglich, dass man einfach realistisch davon ausgeht, dass diese Wasserstofftriebzüge zwar zur Dekarbonisierung beitragen, aber nicht ansatzweise so zuverlässig sind wie konventionelle Dieseltriebzüge?

Zumindest einkalkulieren sollte man ein solches Szenario. Denn eins ist klar: Weder Herr Wissing noch Frau Neubaur oder Herr Krischer werden sich für zuständig halten, wenn irgendeine Hokuspokustechnologie nicht mehr funktioniert. Die Politiker werden dann weg sein – aber die Probleme müssen weiterhin auf der Arbeitsebene gelöst werden.

Siehe auch: Bund fördert Wasserstofftechnik im Rheinland
Foto: go.Rheinland GmbH

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