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NRW: Aufgabenträger fürchten Abbestellungen

16.03.23 (go.Rheinland, Nordrhein-Westfalen, NWL, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Im regelmäßigen Austausch der drei nordrhein-westfälischen Aufgabenträger go.Rheinland, NWL und VRR, mit ihren politischen Spitzen ist in den vergangenen Wochen intensiv die Situation im nordrhein-westfälischen Bahnverkehr erörtert worden. Alle Beteiligten sind sich einig, dass das Deutschlandticket positive Auswirkungen auf die Nutzer und den Nahverkehr zwischen Rhein und Weser haben wird und wieder mehr Fahrgäste unterwegs sein werden.

Gleichzeitig zeigen sie sich besorgt über die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung mit ihren Kostenexplosionen im Bahnsektor und warnen vor einer Reduzierung des Bahnangebots in NRW, sollten Finanzierungslücken nicht geschlossen werden. Vor dem Hintergrund steigender Kosten für Energie und Personal richten die Beteiligten einen deutlichen Appell an Bund und Land, die Finanzierung bestehender Nahverkehrsleistungen zu sichern und für erforderliche Investitionen in Infrastruktur und Fahrzeuge ein verlässliches finanzielles Fundament zu schaffen. Eine entsprechende Resolution ist in Vorbereitung.

Die Aufgabenträger befürchten eine kontinuierliche Unterfinanzierung der bestehenden Angebote im SPNV, die zu Kürzungen im SPNV in erheblichem Ausmaß führen werden. Die Leistungskürzungen und Abbestellungen könnten zu einer Verringerung des Angebotes in NRW um bis zu 25 Prozent führen. Für den Bahnverkehr bedeutet dies, dass ganze Netze eingestellt oder stark reduziert werden müssen.

Selbst auf der Hauptstrecke des Rhein-Ruhr-Express (RRX) vom Rheinland über das Ruhrgebiet in den westfälischen Raum könnte das zu einer erheblichen Angebotsreduzierung führen. Mit dem auf Bundesebene gefassten Beschluss, die Finanzmittel für den SPNV in Deutschland um eine Milliarde Euro pro Jahr zu erhöhen sowie die gesamten sogenannten Regionalisierungsmittel jährlich um drei Prozent zu dynamisieren, ist das Verkehrsangebot nach Ansicht der Aufgabenträger nur noch für dieses Jahr gesichert.

Ohne weitere, zusätzliche Mittel könnten aber bereits ab dem Jahr 2024 nicht einmal die steigenden Kosten des bestehenden Angebots vollständig und dauerhaft finanziert werden. Die für eine erfolgreiche Verkehrswende notwendigen Angebotsausweitungen sind mit den vorgesehenen Mitteln nicht realisierbar. Der SPNV in NRW leidet derzeit unter der wirtschaftlichen Entwicklung mit einer grundsätzlichen Verteuerung für den Betrieb von Verkehrsleistungen. Gerade Energie- und Personalkosten sind dramatisch gestiegen.

Die aktuellen Tarifforderungen würden die Kosten für die Arbeitgeber noch einmal deutlich in die Höhe treiben. Daneben ist der Strompreis ein hoher Kostenfaktor. Die Aufgabenträger begrüßen die vom Bund im Rahmen der Strompreisbremse getroffenen entlastenden Maßnahmen. Dennoch reichen die vorgesehenen Maßnahmen nicht aus, um die gestiegenen Kosten im SPNV zu kompensieren. Das Land hat in Aussicht gestellt, die Mehrkosten im Energiebereich, die in der bereits angespannten Situation trotzdem bestehen bleiben, zu tragen.

Dazu haben die Beteiligten erste positive Signale aus dem NRW -Verkehrsausschuss wahrgenommen. Leistungsausweitungen, Reaktivierungen und Qualitätsverbesserungen im SPNV – dem Rückgrat und Motor der Verkehrswende –, die in NRW mit der Zielkonzeption bereits vorliegen, bedürfen dringend einer grundlegenden Absicherung und einer ansteigenden Finanzierung, um damit Planungssicherheit für den Infrastrukturausbau und den Fahrbetrieb herzustellen. Die drei SPNV-Aufgabenträger setzen sich daher auch weiterhin gemeinsam gegenüber Land und Bund für eine langfristige Planungssicherheit in den kommenden Jahren ein.

Parallel hat sich auch das Bündnis ÖPNV zu Wort gemeldet, dem u.a. auch der VCD sowie die DGB-Gewerkschaften Verdi und EVG angehören. Auch diese warnen vor einer unterauskömmlichen Finanzierung. „Der öffentliche Verkehr steckt inmitten einer schweren Finanzierungskrise. Sehenden Auges fährt die Bundesregierung die Verkehrswende vor die Wand.“

Von heute an gerechnet klafft bis zum Jahr 2030 allein bei den Betriebskosten eine Finanzlücke von mindestens elf Milliarden Euro. Mit Blick auf die hohe Inflation, den wachsenden Personalmangel und den zu erwartenden Anstieg der Fahrgastzahlen angesichts günstigerer Tickets, könnten die ungedeckten Betriebskosten noch erheblich höher ausfallen. Hinzu kommt ein steigender Investitionsbedarf in den Ausbau und Erhalt der Infrastruktur, sodass die potentielle Finanzlücke deutlich größer zu werden droht.

Siehe auch: Bund und Länder müssen die Auskömmlichkeit absichern

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