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Mit der Automatisierung gegen den Personalmangel

31.10.22 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Ist es in Deutschland sinnvoll, ein U-Bahnnetz komplett fahrerlos zu betreiben? In Nürnberg sind es wohl weniger die Notwendigkeiten vor Ort als viel eher die internationale Zurschaustellung eines deutschen Exportproduktes: Seht her, wir exportieren fahrerlose Metrosysteme nicht nur in alle Welt, sondern bei uns in der bajuwarischen Heimat des Siemenskonzerns, da läuft es im Alltag. Lange Zeit sah es so aus, als sei es eigentlich unwirtschaftlich, hiesige Züge in den komplett fahrerlosen Betrieb zu überführen.

Zum einen, weil man in den kommunalen Verkehrsnetzen oftmals zwar fahrerlose, aber keine personallosen Züge einsetzen kann, zum anderen weil man immer auch eine soziale Komponente haben wollte. Klar, ein Zug darf nur dann ohne betrieblich ausgebildetes Personal fahren, wenn an wirklich jeder Stelle eine Evakuierung von außen möglich ist. Bei der Wuppertaler Schwebebahn etwa sind solche Planungen genau daran gescheitert, weil das Gerüst in der stark bebauten Wuppertaler Innenstadt gerade nicht überall durch die Drehleiter der Feuerwehr erreichbar ist.

Wenn man in Düsseldorf am Flughafen mit dem Sky-Train fährt, kann man währen der Fahrt sehen – so man denn drauf achtet – dass unterhalb der Anlage alles befahrbar ist. Damit eine Evakuierung jederzeit möglich ist. Wenn man diese notwendige Bedingung aber erfüllt hat, kann man dennoch in diese Richtung denken. Denn angesichts der Personalsituation wird man in den nächsten Jahren noch schwieriger neue Mitarbeiter finden als bislang.

In Nürnberg dürfte das bald kein Problem mehr sein und auch das dürfte ein ganz pragmatischer Grund für die Umrüstbarkeit auf vollautomatischen Betrieb sein. Wenn einem die Fahrer ausgehen, dann fährt der Zug eben ohne. Denn zurecht weisen die Branchenvertreter darauf hin, dass die fortschreitende Digitalisierung eine Lösungskomponente für den überbordenden Personalmangel ist.

Während die Eröffnung eines ESTW in den 2000er Jahren im Eisenbahnbereich noch immer mit dem Wegfall von Arbeitsplätzen assoziiert wurde, sorgt ein neu eröffnetes DSTW in unseren Tagen dafür, dass die Gefahr für nächtliche Streckenschließungen wegen fehlender Fahrdienstleiter sinkt. Der gleiche Effekt tritt auch im kommunalen Schienenverkehr ein. Auch hier suchen die Unternehmen bundesweit händeringend Leute, kriegen sie aber oft nicht. In früheren Zeiten der Massenarbeitslosigkeit konnte man immer über die Arbeitsämter vor Ort gehen und geeignete Leute holen. Das ist aber weitgehend vorbei.

Die Arbeitsämter haben immer weniger geeignete Bewerber und diejenigen, die in unserer Zeit ihre Stelle verlieren, können sich nicht selten den neuen Arbeitgeber aussuchen. Für die öffentlichen Verkehrsmittel heißt das, dass die fortschreitende Digitalisierung und Automatisierung dafür sorgen kann, dass personalbedingte Probleme in den nächsten Jahren unwahrscheinlicher werden. Denn je weniger Personal gebraucht wird, desto eher kann man die Personalknappheit bekämpfen. Auch das ist Teil der starken Schiene und der Verkehrswende.

Siehe auch: Nürnberg: Alle neuen U-Bahnzüge im Fahrgastbetrieb
Foto: VAG Nürnberg

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