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Neue Fahrpreisreduzierungen geplant

08.09.22 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Ampelparteien haben sich im Rahmen eines dritten Entlastungspaketes auf ein vergünstigtes ÖPNV-Ticket geeinigt, das dem Vorschlag des VDV folgend zwischen 49 und 69 Euro im Monat kosten soll. Ob dies im jeweiligen Verkehrsverbund, landes- oder bundesweit gelten soll ist noch nicht klar. Auch ist eine Kofinanzierung durch die Länder zwingend erforderlich. Konkret heißt es, dass der Bund „jährlich 1,5 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung stellt, wenn die Länder mindestens den gleichen Betrag zur Verfügung stellen.“

VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff bewertet die aktuellen Beschlüsse wie folgt: „Es ist gut, dass jetzt endlich konkrete Zahlen für ein Nachfolgeticket auf dem Tisch liegen. Der Preis von bis zu 69 Euro entspricht im Kern auch dem was wir als Branche für ein bundesweites Klimaticket vorgeschlagen haben. Auch die zusätzlichen Mittel für die Schiene sind ein wichtiger Impuls. Aber leider ist ein entscheidender Punkt nach wie vor offen: Für die extrem steigenden Energie- und Personalkosten der Branche gibt es weiterhin keine Finanzierungszusage des Bundes.“

Nach VDV-Berechnungen liegen die prognostizierten Einnahmeverluste für ein bundesweites Ticket zu einem Preise zwischen 49 und 69 Euro bei jährlich etwa 1,8 bis etwa drei Milliarden Euro. Die steigenden Ausgaben für Strom, Diesel und Personalkosten sind dabei noch nicht eingerechnet und kommen zusätzlich hinzu. „Es bleibt völlig offen, ob der Bund die nun beschlossenen 1,5 Milliarden für ein Anschlussticket zusätzlich zur Verfügung stellt oder der fatalen Auffassung ist, dass dies die Verabredung im Koalitionsvertrag zur bereits unabhängig davon zugesagten Erhöhung der Regionalisierungsmittel erfüllen würde.

Letzteres würde bedeuten, dass aus Sicht des Bundes eine Entwicklung des ÖPNV ausschließlich über einen günstigen Tarif ohne Berücksichtigung der Anforderungen an die nötigen Angebotserweiterungen erfolgen solle. Diese Erhöhung sei notwendig, um das Angebot langfristig zu sichern, dass aufgrund steigender Kosten in den kommenden Jahren deutlich teurer pro Zug- und Sitzplatzkilometer werden wird.

Ähnlich sieht das auch der Bundesverband Schienennahverkehr. Dieser „begrüßt ausdrücklich, dass der Bund mit einer dauerhaften Zusage von 1,5 Milliarden Euro jährlich ein deutschlandweit gültiges Folgeticket unterstützen will, sofern die Länder den gleichen Betrag beisteuern. Auf dieser Grundlage wird der ÖPNV in Deutschland deutlich attraktiver und seine Nutzung für viele erheblich einfacher“, so Hauptgeschäftsführer Frank Zerban. Auch hier sieht man einen deutlich steigenden Bedarf an Regionalisierungsgeldern.„Andernfalls müssen im kommenden Jahr umfassend Leistungen abbestellt werden, da diese mit den vorhandenen Mitteln nicht mehr finanziert werden können,“ fordert Frank Zerban.

Dem schließt sich auch der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) an. „Jetzt gilt es, dass sich die Bundesländer schnell entscheiden und ihren Beitrag leisten, damit ein finanziell gesichertes Nachfolgemodell für das Neun-Euro-Ticket schnellstmöglich auf den Weg gebracht werden kann“, sagt José Luis Castrillo, Vorstand des VRR. Darüber hinaus ist es aus Sicht des VRR notwendig, die Gesamtfinanzierung des ÖPNV neu zu ordnen und auszuweiten, um weiterhin das Verkehrsangebot aufrechterhalten und in die Ausweitung des ÖPNV-Angebots investieren zu können. Eine zukunftsfähige Mobilität gibt es nicht zum Nulltarif und kann nicht allein durch Ticketverkäufe refinanziert werden.

„Alle Beteiligten müssen jetzt nachhaltige Lösungsvorschläge für eine gesicherte und auskömmliche Finanzierung erarbeiten, die es den Verkehrsunternehmen ermöglichen, ihre Nahverkehrsleistungen dauerhaft zu sichern und im erforderlichen Maße in Innovationen, Infrastruktur, Fahrzeuge und Betrieb zu investieren“, ergänzt die Vorstandssprecherin des VRR, Gabriele Matz.

Fraglich ist indes, ob die Länder tatsächlich bereit sein werden, aus ihren eigenen Haushalten zusätzliches Geld aufzuwenden. Nordrhein-Westfalens Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) lehnte dies bereits im Kurznachrichtendienst Twitter ab. „Länder und Kommunen verfügen nicht ansatzweise über die Mittel (…) eine Nachfolgeregelung für das Neun-Euro-Ticket zur Hälfte mitzufinanzieren.“ Auch Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) lehnt eine finanzielle Beteiligung des Freistaates ab, obwohl CSU und Freie Wähler bereits im Herbst 2018 ein 365-Euro-Jahresticket in Großstädten in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart haben.

Siehe auch: Keine Verweigerungshaltung der Länder akzeptieren

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