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Die Verkehrswende in die Hand nehmen

20.06.22 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Seit nunmehr mehreren Jahrzehnten erleben wir immer mal wieder, dass ein visionäres Zielnetz für den Köln-Bonner Raum vorgestellt wird. Zuletzt war es die Knotenanalyse Köln, die 2012 vorgestellt wurde, also vor zehn Jahren, und jetzt hat man wieder Planungen zu erheblichen Leistungsausweitungen aufgestellt. Wieder fällt auf: Der gesamte verkehrliche Nutzen, der mit der kommunalen Schiene rund um Köln und Bonn einhergeht, ist komplett außen vor.

Dabei wäre der Ansatz, im Kölner Umland möglichst viele Stadtbahnen mit Bahnhöfen zu verbinden, um Pendlerströme schon am Ortseingang so zu verteilen, dass sie den zu kleinen Hauptbahnhof möglichst nicht anfahren, so wichtig und auch so vernünftig. Aber hier ist nicht aller Tage Abend und vielleicht kann man das eine oder andere ja in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Bonn oder den Kölner Verkehrsbetrieben noch nachholen.

Denn so wie man selbstverständlich das Straßennetz gemeinsam aus Bundes- und Landstraßen, aus Bundesautobahnen und autobahnähnlichen Straßen aus einem Guss plant, so muss man das bei der Schiene auch. Dabei, und das zeichnet die Infrastrukturplanungen in Köln seit Jahren aus, hat man nicht nur den Blick auf irgendeinen großen Wurf, der in einer fernen Zukunft fertig ist, sondern man setzt auch die kleineren Maßnahmen um, die der Laie als solche vielleicht gar nicht erkennt, aber die für eine leistungsfähigere Infrastruktur sorgen: Die signaltechnische Ertüchtigung, die zusätzlichen Ausweichstellen, längere Überhol- und Kreuzungsgleise und vieles mehr, was im betrieblichen Alltag das Leben so sehr erleichtern kann.

So schafft man dann auch die Voraussetzung, um auf der S-Bahnstammstrecke zwischen Hansaring und Deutz die Züge alle 150 Sekunden fahren zu lassen. Das ist auch notwendig, weil alle Kölner S-Bahnlinien, die in irgendeiner Form das Umland erschließen, auch durch diese Strecke geführt werden müssen. Aber auch hier muss sich dann irgendwann die Frage gestellt werden, wie man denn die vielen, vielen zusätzlichen Leistungen finanzieren will.

Noch gibt es nach letztem Kenntnisstand unverausgabte Regionalisierungsgelder in Nordrhein-Westfalen, aber die Akteure sagen immer wieder, dass die Gelder alle verplant seien und dass der Finanzbedarf steige. Zukünftige Verkehrsverträge werden zudem nach den jüngsten Erfahrungen mit Sicherheit nicht billiger werden. Hier braucht man also auch eine klare Finanzierungszusage durch die Politik: Nicht nur durch den Bund, denn wir sprechen hier von einer gesamtstaatlichen Aufgabe.

Die neue, wahrscheinlich schon in einigen Tagen ins Amt eintretende schwarz-grüne Landesregierung muss sich hier klar zur Eisenbahn bekennen und eine auskömmliche Finanzierung teilweise auch aus dem eigenen Landeshaushalt sicherstellen. Der Finanzierungsbedarf ist zu klären und was aus Bundesgeldern nicht finanzierbar ist, muss das Land zuschießen. Eine ernsthafte Verkehrswende wird nicht gelingen, wenn eine neue Landesregierung diese unter den Vorbehalt einer Bundesfinanzierung stellt.

Siehe auch: Kölner Bahnknotenkonferenz
Foto: Deutsche Bahn AG / Axel Hartmann

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