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Den SPFV vernünftig organisieren

15.06.22 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Wir sprechen inzwischen seit Jahrzehnten über den Deutschlandtakt und kommen nicht wirklich weiter. Natürlich haben SPD, FDP und Grüne sich diesen in den Koalitionsvertrag geschrieben, aber das haben in den letzten beiden Koalitionsverträgen auch CDU, CSU und SPD bzw. CDU, CSU und FDP gemacht. Papier ist geduldig, da kann man viel reinschreiben. Zweimal bereits hat der Bundesrat die Initiative ergriffen und ein Fernverkehrsgesetz verabschiedet, wie es in Artikel 87e des Grundgesetzes gefordert wird.

Dort steht drin, dass der Bund für den Personenverkehr auf der Schiene, soweit es nicht den Regionalverkehr betrifft, verantwortlich ist. Das nähere regelt ein Bundesgesetz. Der Bund ist also grundgesetzlich verpflichtet, hier ein Gesetz zu erlassen und ob sich die Rechtsauffassung, dass per definitionem nirgendwo ein SPFV-Bedürfnis vorhanden ist, wo das Bundesunternehmen DB Fernverkehr AG nicht bereit ist, eigenwirtschaftlich zu fahren.

Wir sehen ja auch, dass das nicht funktioniert. Die Versuche der DB AG, formal eigenwirtschaftliche Fernverkehrszüge aus Regionalisierungsgeldern alimentieren zu lassen, belegen ja, dass keinen eigenwirtschaftlichen Deutschlandtakt gibt. Was machen wir denn, wenn die DB AG morgen sagt, dass man z.B. von München nach Berlin oder von Frankfurt nach Köln nicht mehr fährt, weil es sich nicht lohnt.

Unter Hartmut Mehdorn wurde jedes Jahr im Frühjahr bekanntgegeben, welche Fernverkehrsleistungen im Dezember gestrichen werden: Man wollte börsenreife Renditen und nicht an jeder Milchkanne halten. Jetzt kann man natürlich argumentieren, dass diese Zeiten lange vorbei sind, aber einen Rechtsanspruch der DB AG gegenüber hat niemand. Wenn die nicht möchten oder sagen, dass bestimmte Fernverkehrszüge leider unwirtschaftlich sind und entweder eingestellt werden müssen oder aber man bringt sie mit Regionalisierungsgeldern wieder in die Gewinnzone, dann kann erstmal niemand was dagegen machen.

Auch dass die Länder ja zweimal bereits versucht haben, im Bundesrat ein solches Gesetz einzubringen belegt, dass hier Handlungspotential ist. Beide male wurde ein Gesetz im Bundesrat verabschiedet, aber nie im Bundestag debattiert. Diverse Eisenbahnpolitiker könnten ja im Bundestag ihre Ablehnung begründen und dagegen stimmen. Nun soll hier nicht die staatsrechtliche Grundsatzfrage diskutiert werden, wie die beiden Kammern des Parlamentarismus gegenseitige Ansprüche haben und ob die jeweils andere Kammer verpflichtet sein müsste, sich mit verabschiedeten Gesetzesentwürfen in einer gewissen Zeitspanne zu befassen.

Das Problem ist aber auch hier, dass diejenigen, die den Deutschlandtakt möchten die DB AG nicht aus ihrem Team vergraulen möchten und diese ist verständlicherweise nicht daran interessiert, dass es hier einen bundesweiten Aufgabenträger und vielleicht sogar Ausschreibungen gibt. Aber dass der Fernverkehr ohne politische Einflussnahme auf dem Markt geregelt wird, war nie im Sinne der Eisenbahnreform und hier muss man jetzt ansetzen.

Siehe auch: Verbände fordern mehr Tempo beim Deutschlandtakt
Foto: Deutsche Bahn AG / Volker Emersleben

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