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Die Risiken sind erkennbar

09.05.22 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Viel Potenzial soll der Zug also haben, der jetzt neunzig Tage getestet wurde, aber an 18 dieser neunzig Tage gar nicht gelaufen ist. Unter einem zuverlässigen Eisenbahnbetrieb stelle ich mir eigentlich was anderes vor. Auch die Idee, dass man einen weiteren Test, gerade im bald anstehenden Sommer machen will, ist ja durchaus interessant. Wenn aber die Meldung dazukommt, dass das erst geht, wenn man die Akkus repariert hat und wie lange das dauern wird, ist noch nicht vorhersehbar, dann darf man doch leichte Zweifel an der Alltagstauglichkeit einer solchen Technologie anmelden.

Sollen wir wirklich Eisenbahnstrecken, die nicht elektrifiziert sind, auf Basis solcher Hokuspokus-Zaubereien bedienen lassen mit dem Risiko, dass die Fahrgäste wegen wiederholter Zugausfälle verärgert sind und auf ihre eigene Verkehrsalternative mit vier Gummireifen umsteigen? Und das ist ja nicht das einzige Risiko, denn solche massiven Ausfallzeiten und Reparaturbedarfe sind auch für den Betreiber nicht kalkulierbar.

Wie soll man denn über einen Zeitraum von 15 Jahren oder im Falle des für die Instandhaltung zuständigen Herstellers dreißig Jahre und länger die Kosten kalkulieren und dabei sicherstellen, dass der Auftrag in jedem Fall auskömmlich bleibt? Solange man da einzelne Züge hat und das ganze aus irgendeinem Sonderfonds von Bund oder Land zur Förderung der wissenschaftlichen Entwicklung begleitet wird, mag das ja darstellbar sein, aber was ist wenn es nicht mehr ein Probebetrieb ist, sondern normaler Alltag?

Wie gehe ich damit um, wenn ein Zug regelmäßig nachmittags kurz nach dem Ende der Oberleitung die Biege macht, weil das mit dem Nachladen zwar in der Theorie ganz gut klappt, in der Praxis aber längst nicht so toll? Zuallererst werden sich in Bezug auf künftige Ausschreibungen solcher Netze die Eisenbahnverkehrsunternehmen die Tests angucken und sich überlegen, ob es überhaupt sinnvoll darstellbar ist, sich hier mit einer teuren Bewerbung zu beteiligen, wenn man nicht sinnvoll kalkulieren kann, wohin einen die Reise während des Verkehrsvertrages führt.

Natürlich kann man, wenn vorhanden, ein landeseigenes Unternehmen damit beauftragen, die Leistungen zu fahren, allerdings gehen die finanziellen Risiken dann auch 1:1 an das Bundesland oder den Aufgabenträger, der gerne solche Züge betreiben lässt. Wenn man also bei einer Flotte mit dreißig Triebzügen alle paar Jahre den Akku erneuern muss, dann kostet es entsprechend.

Auch die DB AG wird sicher immer ein Angebot abgeben und ohne Konkurrenz wird sich das auch erwartbar auf den Preis auswirken. In der Wüste ist das Wasser eben teurer und freundliche Konzernvertreter werden auf sehr sympathische Art erklären, warum man so kalkulieren muss, dass selbst im Worst-Case-Szenario noch ein positives Gesamtsaldo gewährleistet werden muss, übrigens auch zurecht. Da fragt man sich wirklich, ob es einer starken Schiene gut tut, wenn man bewährte Technologien über den Haufen wirft und dafür irgendeinen Hokuspokus anschafft.

Siehe auch: Batteriebetrieb in Franken abgeschlossen
Foto: Deutsche Bahn AG / Claus Weber

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