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Historische Leistungen fortschreiben

02.05.22 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

In der anklingenden Entspannungspolitik der 1960er Jahre gab es die Möglichkeit, die olympischen Sommerspiele nach Westdeutschland zu holen. Nachdem das NOK die Olympiamannschaften der DDR anerkannt hatte, stellten zahlreiche Länder ihre Zustimmung in Aussicht und in München musste man sich beeilen: Nur sechs Jahre Zeit gab es zwischen der Zuschlagserteilung 1966 und der Austragung 1972.

Dass die entsprechenden Anlagen so gut wie nicht vorhanden waren, war ein Vorteil, denn so konnte für diese Einmal-Veranstaltung alles neu gebaut werden und bis heute prägt der Olympiapark einen Teil des Stadtbildes. Auch die Erfolge des FC Bayern sind über Jahrzehnte fest mit dem Olympiastadion verbunden. Erst 2005 wurde die heutige Allianz-Arena eingeweiht, wie 33 Jahre zuvor für ein großes Event, die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland.

Und so muss man sich fragen, ob man wirklich Geld für eine Einmal-Veranstaltung ausgegeben hat, oder ob hier nicht generell etwas positives geschaffen worden ist. München wäre ohne seinen gut ausgebauten ÖPNV heute kaum denkbar. Man stelle sich mal vor, es gäbe das dicht vertaktete Netz aus S-Bahn und U-Bahn nicht. Die Stadt würde im Verkehr ersticken und es wäre kaum möglich, hier die urbane Lebensqualität zu haben, die es heute gibt.

Aber diese Politik muss man fortsetzen, denn was vor einem halben Jahrhundert topmodern war und für die Olympischen Sommerspiele 1972 und die Fußball-Weltmeisterschaft 1974 ausgelegt wurde, reicht heute nicht mehr. Es gibt deutlich mehr Ein- und Auspendler als früher und angesichts der fortschreitenden Urbanisierung in Deutschland wird sich dieser Trend fortsetzen.

Neben den S-Bahnen braucht man auch entsprechend beschleunigten Regionalverkehr auf der Schiene. Die mehrfachen MVV-Erweiterungen waren da schon der richtige Schritt, um auch für Leute, die regelmäßig auf längeren Strecken nach München fahren müssen, entsprechende Alternativen auf der Schiene zu bieten. Parallel dazu muss es aber rund um den Münchener Autobahnring auch Parkmöglichkeiten geben, damit die Fahrgäste dort ihr Auto abstellen und in die Münchener Innenstadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln hereinfahren können.

Manch einem scheint diese Forderung jetzt zu sehr auf das Auto fixiert zu sein, aber die faktische Realität sieht nun eben so aus, dass viele München-Besucher irgendwo am Stadtrand parken und dann mit der U- oder S-Bahn einreisen. Aber auch im urbanen Raum muss man mit der Zeit gehen. Die zweite S-Bahnstammstrecke ist daher nur eine logische Folge der erfolgreichen Politik der Vergangenheit.

Parallel dazu muss aber auch die MVG-Angebotsoffensive 2010-2020 in der neuen Dekade eine logische Fortsetzung finden, damit es weiter verlässlich mit jedem Fahrplanwechsel Leistungsausweitungen und Angebotsverbesserungen gibt. Das Drehen großer Räder schließt die Umsetzung kleinerer Maßnahmen nicht aus, sondern im Gegenteil: Das eine bedingt das am andere und am Ende hat man ein immer besseres Angebot.

Siehe auch: Fünfzig Jahre S-Bahn München
Foto: Deutsche Bahn AG / Uwe Miethe

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