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Stadt, Land, Schiene: Es geht eben doch

21.04.22 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Schon seit der Jahrtausendwende zeigt die Allianz pro Schiene mit ihrer wiederkehrenden Veröffentlichung unter dem Titel „Stadt, Land, Schiene“, dass es eben doch geht: Man kann der Eisenbahn neues Leben einhauchen und längst nicht jede Strecke, die der Raubbaupolitik der alten Behördenbahn zum Opfer gefallen ist, hätte kein Potential, auch heute noch betrieben zu werden.

Im Gegenteil, es ist sehr wohl möglich, Strecken zu reaktivieren, Angebote zu vertakten und verzahnen oder mit Kurzzeitmietangeboten eine Situation zu schaffen, in der man das eigene Auto abgeben und im Zweifel dennoch auf eine Verkehrsalternative mit vier Gummireifen zurückgreifen kann. Wenn man es schafft, ideologische Gräben zuzuschütten – und wir wissen, wie schwer das Teilen der ÖPNV-Branche fällt – ist so einiges möglich.

Denn tatsächlich gibt es wohl kein Reaktivierungsprogramm, an dessen Ende man feststellen musste, dass die Nachfrage unter den Erwartungen geblieben wäre oder dass es am Ende doch nicht so lohnenswert gewesen wäre. Im Gegenteil, in den meisten Fällen kamen deutlich mehr Fahrgäste als Gutachter im Vorfeld prognostiziert habe. Bei der Düsseldorfer Regiobahn bzw. deren Außenästen dürfte die Fahrgastzahl inzwischen um rund 5.000 Prozent (kein Schreibfehler!) gestiegen sein.

Das Ende der Fahnenstange ist noch längst nicht erreicht und so sollte man sich auch im urbanen Raum Gedanken machen, wo man denn die Möglichkeit hätte, noch vorhandene Eisenbahnstrecken doch wieder für ihre eigentliche Anlegung zu nutzen. Dabei ist es ausdrücklich zu begrüßen, dass die obligatorische Kosten-Nutzen-Rechnung so reformiert wurde, dass man nicht mehr mit Benzinpreisen aus längst vergangenen Zeiten rechnet und die gesparten Autofahrten entsprechend höher bewertet.

Allerdings haben wir noch immer ein Problem bei der Einbeziehung des Güterverkehrs, denn gerade ein oder zwei Gleisanschlüsse, selbst wenn sie nur an zwei Tagen die Woche bedient werden, können eine erhebliche Zahl an Lastwagenfahrten sparen und somit dafür sorgen, dass auch hier ein massiver wirtschaftlicher Vorteil entsteht. Was man aber mit Sicherheit sagen kann ist dass die Schiene noch immer unter ihrem Potential gefahren wird.

Allerdings muss man auch hier wieder hinzufügen, dass eine auskömmliche Finanzierung zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für eine bessere Eisenbahn ist. Um die Schiene zu verbessern muss man sich anstrengen, Engagement zeigen, sich in die Dinge einarbeiten und vieles mehr. Der Aufgabenträger kann so eine Streckenreaktivierung nicht im Alleingang einfach so beschließen.

Da braucht es die Unterstützung aus den Kommunen von Bürgermeistern, Landräten, Wahlkreisabgeordneten aus dem Bundestag und dem Landtag und insgesamt eine Stimmung, in der man eine bessere Eisenbahn positiv sieht. Das sind die Sachen, die man nicht einfach mit Geld kaufen kann, die aber dennoch wichtig sind, um eine zuverlässige und qualitativ hochwertige Eisenbahn zu betreiben.

Siehe auch: Allianz pro Schiene zeichnet fünf Leuchtturmprojekte aus
Foto: Allianz pro Schiene

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