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Bundesrechnungshof kritisiert DB-Konzernabschluss

17.01.22 (Güterverkehr, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Rechnungsprüfer des Bundes ermahnen die Bundesregierung und die beiden Parlamentskammern Bundestag und Bundesrat erneut, bei Lageberichten der Deutschen Bahn AG genauer hinzusehen – schließlich werde dabei, so die Wettbewerberverbände Mofair und das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE), „jede Menge Schönrechnerei“ sichtbar. So werden Politik und Öffentlichkeit über das Ausmaß der wirtschaftlichen Probleme getäuscht.

Zur „Verschleierung“ werden immer neue, zu bereinigende „Sondereffekte“ definiert und die Verschuldungshöhe heruntergerechnet. Im Gegenzug werden Einsparungen gegenüber den Planwerten statt dem Vorjahres-Ist berechnet und erscheinen damit größer. Die Lage einzelner Sparten wird durch einen globalen Verrechnungsposten möglicherweise positiver als in der Realität. Die Rechnungsprüfer weisen darauf hin, dass sich auch 2021 die miserable Lage der DB AG neben Corona weiter verschlechtert hat: Im ersten Halbjahr 2021 wuchsen dadurch die Nettofinanzschulden täglich um knapp 15 Millionen Euro.

Mofair-Präsident Tobias Heinemann: „Wäre die Deutsche Bahn eine normale Aktiengesellschaft, wären die Investoren bei solch dreisten Tricks längst über alle Berge. Der Gesellschafter Bund aber jedoch scheint das klaglos mit einem achselzuckenden ‚Irgendwas ist halt immer‘ hinzunehmen. Ehrliche Finanzkommunikation ist aber eine Grundvoraussetzung für die Verkehrswende.“

Er fährt fort: „Es wird höchste Zeit, dass die Schieneninfrastruktur – wie im Koalitionsvertrag vereinbart – gemeinwohlorientiert geführt wird. Das bedingt auch eine klare Trennung der Kassen. Absolute Transparenz über die reale Lage ist unabdingbar. Dann kann und muss es deutlich mehr Geld für die neutrale Infrastruktur geben.“

Nachdem seine einzelnen „Bemerkungen“ von Ende November recht breit in den Medien diskutiert worden waren, veröffentlichte der Bundesrechnungshof kurz vor Weihnachten weitgehend unbemerkt einen weiteren lesenswerten fünfzigseitigen Bericht, in dem der Jahresabschluss 2020 der DB AG kommentiert wird.

NEE-Vorstandsvorsitzender Ludolf Kerkeling: „Bund und verladende Wirtschaft brauchen schlagkräftige und effiziente Güterbahnen zur Umsetzung der Klimaschutzziele. Die Rechnungsprüfer weisen darauf hin, dass die DB Cargo nicht nur enorme Defizite bereits seit 2015 produziert, sondern ihre Aussage, sie habe in der Pandemie die Versorgung der europäischen Wirtschaft grenzüberschreitend sichergestellt, mindestens unvollständig ist. Im Bericht wurde erkannt, dass es vor allem die Wettbewerber sind, die seit Jahren eine deutlich bessere Performance bieten und auch während Corona den Gütertransport am Laufen gehalten haben. Der Bericht ist eine weitere Mahnung, dass die Politik den Schienensektor nicht mit der DB gleichsetzen sollte, denn diese ist ein schlechteres Aushängeschild für die Branche.“

Er weist z. B. darauf hin, dass sich die wirtschaftliche Lage im Fernverkehr keineswegs nur wegen Corona problematisch entwickelt hatte, sondern auch, weil das angebliche „stabile Grundangebot“ kurzerhand mit dem Regelfahrplan gleichgesetzt wurde, statt es der drastisch gesunkenen Nachfrage anzupassen. Zudem wurden sogar im Lockdown noch Supersparpreise verteilt.

Die Ertragslage von DB Regio hat sich ebenfalls deutlich verschlechtert, unabhängig von Corona. Die wirtschaftliche Entwicklung der DB Cargo ist desaströs, während sie selbst verlauten lässt, die Rückgänge hätten mit der Abhängigkeit von rückläufigen Branchen zu tun. Der Bericht weist allerdings auf die positive Entwicklung der Wettbewerber zur DB Cargo hin und deren Stärken, die zu diesem Unterschied führen. Ludolf Kerkeling: „Es besteht dringender Handlungsbedarf für die Ampelkoalition, dieser Geldvernichtung ein Ende zu setzen und endlich Reformen anzustoßen, die nicht nur Schadensbegrenzung in Form von Defizitausgleichen darstellen, sondern ein wettbewerbsfähiges Unternehmen aufbauen.

Zugleich muss die Regierung die angekündigte neue Infrastrukturgesellschaft sofort auf den Weg bringen, da die Kapazitäts- und Qualitätsprobleme, die im Herbst einen neuen Höhepunkt erreichten, nicht nur die Wettbewerber, sondern auch die DB-Gesellschaften ruinieren und die gesamte Branche im intermodalen Wettbewerb schwächen. Die neue Ampelkoalition müsse jetzt über den Aufsichtsrat als Gesellschafter und einziger Aktionär entsprechenden Einfluss nehmen und die Bilanzen ehrlicher gestalten.

Siehe auch: Schiene und DBAG getrennt denken

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