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Kritik an der Innenfinanzierung im DB-Konzern

09.12.21 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Der Bundesrechnungshof kritisiert das Gebaren der Deutschen Bahn AG und noch mehr des Bundesverkehrsministeriums unter anderem bei der mangelhaften Steuerung des integrierten Konzerns, für das vertragswidrige Ansparen von Gewinnen aus den Infrastruktursparten, für eine Laissez-faire Haltung bei der Infrastrukturförderung und -instandhaltung, für wettbewerbsverzerrende Förderprojekte sowie für den unsinnigen Einstieg in den Strommarkt mit Haushaltskunden.

Mofair-Präsident Tobias Heinemann: „Die Kritikpunkte sind zwar meist nicht neu – als Wettbewerbsbahnen bemängeln wir sie seit langem. Der Bundesrechnungshof dokumentiert aber in dankenswerter Klarheit das Ausmaß der Schlampigkeit und der Uneinsichtigkeit von Deutscher Bahn AG und Bundesverkehrsministerium.“

Heinemann fährt fort: „Der neue Bundesverkehrsminister muss daher seine ganze Energie auf die Umsetzung des Koalitionsvertrags setzen. Er darf sich dabei nicht wie seine Vorgänger darauf verlassen, dass ‚die DB es schon machen‘ werde. Stattdessen muss er die Fachkompetenz im eigenen Haus aufbauen. Guter Schienenverkehr, der Fahrgäste und Verlader zufriedenstellt, braucht gewaltige Finanzmittel. Akzeptanz dafür wird es auf Dauer nur geben, wenn Politik und Schienenbranche gemeinsam und effizient vorgehen.“

In seinen letzten Woche erschienenen jährlichen „Bemerkungen“ hatte der Bundesrechnungshof sich besonders ausführlich mit dem Verhältnis zwischen der Deutschen Bahn AG und dem „beteiligungsführenden“ Bundesverkehrsministerium befasst. Von insgesamt 39 Einzelstudien betreffen allein sieben dieses Verhältnis. Viele Fälle haben erhebliche wettbewerbliche Implikationen, hier ein paar Beispiele: Zwar ist die Deutsche Bahn AG verpflichtet, Gewinne aus den regulierten Infrastruktursparten an den Bund abzuführen. Sie hat das aber in einigen Jahren nicht getan, sondern nur die in der LuFV veranschlagte erwartete Dividende an den Bund zur Reinvestition in die Infrastruktur übergeben.

Das Delta, eine sechsstellige Millionensumme, verblieb im Konzern und konnte womöglich zur Quersubvention der im Wettbewerb stehenden Transportsparten Fernverkehr, Regio und Cargo verwendet werden. Mitglieder des DB-Aufsichtsrats sind dem wirtschaftlichen Erfolg des Konzerns verpflichtet, der mit seinen Transportsparten im Wettbewerb steht.

Viele von ihnen beschließen als Bundestagsabgeordnete oder Staatssekretäre in BMVI, BMF und BMWi gleichzeitig über die Marktordnung des Eisenbahnwesens und als Vertreter des DB-Eigentümers Bundesrepublik Deutschland etwa über die Anhebung der DB-Schuldengrenze oder die Anhebung des Eigenkapitals der Gesellschaft. Sie sind Schiedsrichter und Spieler in einer Person.

Bei der Neuaufstellung der DB-Monopolbereiche in einer gemeinwohlorientierten Gesellschaft sollten beispielsweise auch Vertreter aller Eisenbahnverkehrsunternehmen (und nicht nur der DB-Transportgesellschaften) in die Aufsichtsgremien entsandt werden. Tobias Heinemann: „Nur so wird sichergestellt, dass Qualitätsziele konsequent beachtet werden.“

Seit 2017 verkauft die DB Energie, deren Kerngeschäft der Betrieb des Bahnstromnetzes ist, Strom auch an Privatkunden. Der Erfolg hält sich in engen Grenzen. Die – durch die zuständigen Aufsichtsgremien nicht genehmigte – Ausweitung des Geschäftsbereichs ist aber ein hervorragendes Beispiel, wie sich das Management bei mangelnder Kontrolle neue „Spielwiesen“ sucht.

Im konkreten Fall leide, so Mofair, das Kerngeschäft: Die Bahnstromabrechnung durch den Bahnstromnetzbetreiber DB Energie gegenüber Verkehrsunternehmen und dritten Stromversorgern ist seit Jahren störanfällig und behindert den Wettbewerb. Kritisiert wird auch die Förderung alternative Antriebe. Ein Hundert-Millionen-Euro-Programm ist so angelegt, dass es fast nur Mitnahmeeffekte erzeugt. Die Fahrzeuge wären offensichtlich so oder so beschafft worden; die als Fördervoraussetzung festgelegten Energieeinsparziele werden regelmäßig ohnehin erreicht.

Das Programm ist in sich aber so bürokratisch angelegt, dass die eher schlank aufgestellten Wettbewerbsbahnen gar nicht die Kapazität haben, sich um die Fördermittel zu bewerben. Von bisher verausgabten 95,7 Millionen Euro gingen ganze 630.000 Euro an ein Nicht-DB-Verkehrsunternehmen, also 0,65 Prozent der Fördersumme – bei einem Marktanteil der Wettbewerbsbahnen von 41 Prozent im SPNV und 56,9 Prozent im Schienengüterverkehr.

Siehe auch: Nicht immer ist der Staat zuständig

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