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Alles tun, um die Akteure zu halten

07.10.21 (Kommentar, Nordrhein-Westfalen) Autor:Stefan Hennigfeld

Damit ist es amtlich und offiziell: Nach Jahrzehnten in Deutschland hat die französische Staatseisenbahn ihr Interesse am hiesigen Eisenbahnmarkt verloren. Während Keolis nach wie vor weltweit auf der Schiene aktiv ist, ist Deutschland nicht mehr interessant genug. Dabei gilt nach wie vor, dass ein verschwindendes Unternehmen nicht so ohne weiteres ersetzt werden kann.

Zwar wird es weiterhin TGV-Züge auf deutschem Boden geben, aber der ausgeschriebene Regionalverkehr ist für potentielle Bieter uninteressant geworden: Zu viele Kostenrisiken, zu wenig Gewinnmarge und zu wenig Einfluss auf die Ursachen für Kostensteigerungen. Wer auch immer die Eurobahn nun übernehmen wird, es bleibt im Interesse der Betreibervielfalt zu hoffen, dass das Unternehmen dauerhaft in eigenständiger Form erhalten bleibt.

Erfreulicher ist die Entwicklung derweil bei Abellio, die Niederländer möchten scheinbar noch immer in Deutschland an der Eisenbahn teilnehmen. Verständlicherweise geht das aber nur, wenn es sich auskömmlich darstellen lässt. Selbstverständlich wird man Verlustausgleiche nicht dauerhaft aus den Niederlanden finanzieren. Dabei sind es nicht nur Abellio und die Eurobahn, sondern alle Akteure im nordrhein-westfälischen Eisenbahnmarkt, die aktuell über Geld sprechen müssen, weil es so einfach nicht mehr weitergehen kann.

Einerseits ist es natürlich eine gute Sache, dass der „Verkehrsvertrag 2.0“ jetzt auch auf bestehende Verträge angewandt wird. Andererseits hätte man das sicherlich auch wesentlich früher haben können. All die, die meinen, dass der Wettbewerb nun gescheitert sei und man in welcher Form auch immer (endlich?) zurück zur Staats- und Einheitsbahn kommt, werden sich allerdings noch umgucken.

Zum einen hat DB Regio den erheblichen Wandel der letzten Jahre vom notorischen Schlechtleister zu einem modernen Dienstleistungsunternehmen auf der Schiene nur geschafft, weil man hohem Marktdruck ausgesetzt war und mithalten musste mit denen, die neu in den Markt eingetreten sind. Andererseits muss man aber nach der Erfahrung der letzten Jahrzehnte auch sagen, dass die deutsche Staatseisenbahn nicht fair spielt – weder mit den Wettbewerbern auf der Schiene noch mit den staatlichen Aufgabenträgern.

Es ist retrospektiv schwer zu beurteilen, wie das bei der alten Behördenbahn war, aber auch diese war als Staat im Staate organisiert und nur bedingt politisch kontrollierbar. Zurecht wurde die alte Bundesbahn abgeschafft, weil man die Schiene stärken wollte. Wer jetzt die Wettbewerbsbahnen am langen Arm verhungern lässt, der wird bald selbst derjenige sein, der in der Abhängigkeit der DB AG schlechte Erfahrungen macht.

Dann werden Leistungsausweitungen auf einmal richtig teuer, mangels anderer Bieter können sehr hohe Preise aufgerufen werden und wenn dann ein Verkehrsvertrag in die roten Zahlen läuft, dann wird der Aufgabenträger nachschießen müssen oder es dreht sich bald kein Rad mehr. Deshalb muss man alles tun, die jetzigen Akteure in Deutschland zu halten.

Siehe auch: Abellio und Eurobahn: Aktueller Stand
Foto: Keolis Deutschland GmbH&Co.KG

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