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Gute Ideen werden vor Ort umsetzen

23.09.21 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Seit nunmehr zehn Jahren gilt der Leitsatz „Vom Verkehrs- zum Mobilitätsverbund“, der nichts anderes heißt als dass aus dem klassischen Verkehrsverbund deutlich mehr wird als der Einheitsfahrschein zwischen mehreren Verkehrsunternehmen. Tatsächlich ist man hier inzwischen sehr weit: Carsharing ist ebenso an der Tagesordnung wie der Fahrradverleih und das Leben im urbanen Raum ohne (eigenes) Auto wird mehr und mehr vereinfacht.

Brauche ich denn noch das Fahrzeug, das meistens ein Stehzeug ist, wenn ich mir für den Großeinkauf oder die Getränkekisten ein Kurzzeit-Mietwagen nehmen kann, der in aller Regel auch in der Nähe meiner Wohnung steht? Analog gilt das für den Fahrradverkehr: Diese sind auf dem Land genauso leistungsfähig wie in der Großstadt. Deshalb geht man in der Region Stuttgart genau diesen Weg. Nicht mehr nur in der Landeshauptstadt, sondern auch im Umland sind Regionsräder beliebt und machen das Leben leichter.

Das kann ein Vorbild für viele andere Regionen in Deutschland sein. Hier kann jeder seine eigenen Ideen einbringen, man kann voneinander lernen und sich gegenseitig anleiten, was zum Erfolg führt. Jeder Kommunalpolitiker hat die Chance, hier etwas zu verbessern, etwas einzubringen, etwas voranzutreiben. Denn die vielzitierte Mobilitätswende kann nur vor Ort gelingen.

Es sind die Kommunen, die gute Alternativen zum Auto an die Hand geben müssen, deren Gestaltungspielraum vor Ort ausgenutzt werden muss. Das gilt für Fahrradverleihsysteme ebenso wie für den vielgelobten Deutschlandtakt. Der wird sicher auch im nächsten Koalitionsvertrag stehen, ganz gleich ob Annalena Baerbock, Olaf Scholz oder Armin Laschet im Bundeskanzleramt sitzen werden.

Ob der Bundesverkehrsminister hier wieder eine wichtigere Rolle spielen wird, bleibt abzuwarten. Seit etwa der Jahrtausendwende wird die Eisenbahnpolitik in Deutschland im Bundeskanzleramt gemacht. Was unter der Ägide von Hartmut Mehdorn und Gerhard Schröder angefangen hat, wurde unter Angela Merkel weiter vorangetrieben. Zunächst ist hier die Erkenntnis, dass es keinen Deutschlandtakt geben wird, solange man glaubt, der bundesweite SPFV würde sich eigenwirtschaftlich und ohne bundesweiten Aufgabenträger darstellen lassen.

Allerdings gilt das auch nach unten: Ein Deutschlandtakt kann, wenn man ihn ernstmeint und vom Fernverkehr bis zum Dörfererschließungsbus durchziehen will, nur dann funktionieren, wenn die verantwortlichen Stellen vor Ort mitspielen und ihre Angebote an den Deutschlandtakt ausrichten. Ob man sich trauen wird, genau da ranzugehen?

Wird es auf Bundesebene bestellten SPFV geben? Wird es Regelungen zum Deutschlandtakt bis in die Kommunen geben? Wird man nach der Bundestagswahl Wahlkreisabgeordnete haben, die sich nicht nur bei Presseterminen für ihren Bahnhof interessieren, sondern die versuchen, die Bundesbelange mit der Kommunalpolitik zusammenzubringen? Dafür ist die Koalition unerheblich, dafür braucht es Engagement. Und genau daran hängt die Verkehrswende.

Siehe auch: Bunte Regioräder im Großraum Stuttgart
Foto: Deutsche Bahn Connect GmbH

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