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Auch den ländlichen Raum beachten

11.01.21 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Man muss sich damit abfinden, dass man nicht alle Verbindungen sinnvoll mit Bussen und Bahnen abdecken kann. Im urbanen Raum geht viel, weil dort die Verkehrsströme groß sind und weil durch hohe Kostendeckungsgrade auch wesentlich mehr Geld in der Kasse ist. Aber wie soll man ein Dorf mit tausend Einwohnern sinnvoll mit der nächsten Stadt mit 20.000 Einwohnern verbinden? Das geht, wenn man sich auch in solchen Bereichen an die Grundsätze des integralen Taktfahrplans hält.

So ist es beispielsweise auch in Dörfern möglich im Stunden- oder Zweistundentakt in die nächste Stadt zu fahren. Idealerweise hat eine Mittelstadt einen Voll- oder Halbknoten rund um ihren Bahnhof, sodass man eine vernünftige Anbindung mit dem Land hinkriegt: Sowohl in die Stadt als auch zum SPNV. In zahlreichen Bundesländern gibt es inzwischen derartige Projekte, die unter Namen wie Plusbus laufen.

Das interessante daran ist folgendes: Man macht nicht als SPNV-Aufgabenträger oder als Verkehrsministerium einem kommunalen Planungsamt Vorschriften, denn diese reagieren dann nicht selten trotzig und machen – auch wenn es Sandkastenniveau ist – erst recht das Gegenteil. Da kommt nicht der Aufgabenträger und sagt „Ihr müsst Euren Busstern so ausrichten, dass man gut in den Zug umsteigen kann“.

Aber so ein Ministerium oder ein Verkehrsverbund kann Prädikate vergeben: Dann muss so ein Plusbus eben bestimmte Anforderungen erfüllen und wenn der Dorfschulze den haben will, dann kann er eben nicht fahren wie Kraut und Rüben, sondern muss auch abends um 22 Uhr noch sicherstellen, dass man innerhalb weniger Minuten nach der Ankunft am Bahnhof gut mit dem Bus in die Dörfer kommt.

Natürlich kann man dann immer noch sagen, dass man sich jede Einmischung der Aufgabenträger verbittet und dass man den kommunalen Busverkehr so plant, wie man es immer gemacht hat. Die Plakette Plusbus gibt es dann aber nicht. Die Idee, hier vernünftige Anreize zu setzen, ist daher die richtige, auch wenn man sicherlich in krassen Fällen nach wie vor ein Durchgriffsrecht bräuchte.

Auf der anderen Seite kann sich so ein Verkehrsministerium nicht um jeden Provinzfürsten kümmern, der aus Profilneurose jede Zusammenarbeit mit höheren Stellen boykottiert. Auf der anderen Seite muss man sich auch die Frage stellen, wo es sinnvoll ist, als Ergänzung zum SPNV, überregionale Buslinien zu bestellen. In Baden-Württemberg etwa wird das ja bereits gemacht.

Diese können durchaus über die Autobahnen fahren und in einigen Städten vielleicht nur einmal halten – also nicht als Ergänzung zum kommunalen Verkehr, sondern etwa als Ersatz für solche Eisenbahnstrecken, die bei der alten Behördenbahn geschlossen worden sind. Die Bundesbahn hat hier einen Schade angerichtet, den man in überschaubarer Zeit nicht mehr wird beheben können. In jedem Fall aber ist es richtig, dass man sich mit Themen befasst, die man nicht mit wenig Aufwand und Standardrezepten lösen kann. Auch das ist die Verkehrswende.

Siehe auch: Mobilität im ländlichen Raum

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