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Branche will Elektrifizierung vorantreiben

28.09.20 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Der Schienensektor macht Tempo beim Ausbau der Elektromobilität. Bereits von Ende 2024 an will die Branche bei Neuanschaffungen im SPNV auf nichtelektrifizierten Strecken komplett auf alternative Antriebe setzen. Den Weg dorthin haben die Allianz pro Schiene, Mofair und der VDV in einem Positionspapier beschrieben.

Mit der gemeinsamen Erklärung verfolgen sie das Ziel, im SPNV die Lücke zu hundert Prozent Elektromobilität so rasch wie möglich zu schließen. Um den Zeitplan halten zu können, erwartet die Branche von der Politik noch in diesem Jahr Klarheit über die Rahmenbedingungen. „Die Branche benötigt einen eindeutigen und auch ´durchfinanzierten` Streckenelektrifizierungsplan für die kommenden Jahrzehnte“, heißt es in dem Positionspapier.

„Im Umkehrschluss ergeben sich die Strecken, die auch langfristig nicht elektrifiziert sein werden.“ Auf diesen Verbindungen können Fahrzeuge mit alternativen Antrieben, etwa Wasserstoff- oder Batteriezüge, zum Einsatz kommen. Darüber hinaus fordert der Schienensektor den Bund auf, seine Förderung in Höhe von aktuell 12,6 Millionen Euro jährlich für alternative Antriebe im Schienenverkehr deutlich aufzustocken.

Unter anderem muss der Bund eine Entlastung für Mehraufwendungen bei der Beschaffung von Fahrzeugen schaffen. Zudem sollte er sich nach Auffassung der Verbände an den Kosten für die Tankinfrastruktur für Wasserstoffzüge und die Ladeinfrastruktur von Batteriezügen beteiligen und die Umrüstung von Dieselfahrzeugen unterstützen. Inzwischen haben Nahverkehrsfahrzeuge mit alternativen Antrieben einen Reifegrad erreicht, der Bestellungen zulässt, heben die Verbände in der gemeinsamen Erklärung hervor.

Damit können Wasserstoff- und Batteriezüge die ohnehin schon gute Klimabilanz der Schiene insbesondere auf den Strecken ohne Oberleitung noch einmal verbessern. Gleichzeitig machen sich die Verbände dafür stark, die Streckenelektrifizierung weiter voran zu treiben. Von derzeit rund 61 Prozent müsse Deutschland den Anteil der elektrifizierten Strecken bis 2025 auf 70 Prozent und bis 2030 auf mindestens 75 Prozent erhöhen.

Denn neben dem SPNV profitieren davon auch Fern- und Güterzüge, die auf eine Oberleitung angewiesen sind. Dort, wo die Streckenauslastung geringer ist, ist im Nahverkehr der Einsatz von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben sinnvoll. Mit dem Positionspapier macht die Branche klar: Hundert Prozent Elektromobilität im Nahverkehr auf der Schiene sind machbar und keine Utopie mehr. Die weitere Elektrifizierung des deutschen Schienennetzes und der verstärkte Einsatz von alternativen Antrieben ergänzen sich und gehören zusammen.

Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, sagt: „Mit diesem Positionspapier senden wir drei klare Botschaften aus. Erstens: Der Schienensektor kann Elektromobilität besser als jeder andere Verkehrsträger. Zweitens: Mit dem Einsatz von Wasserstoff- und Batteriezügen steht der Schienensektor bereit, den nächsten Schritt auf dem Weg zu hundert Prozent Elektromobilität zu gehen. Drittens: Für mehr Elektromobilität auf der Schiene brauchen wir eine konzertierte Aktion von Branche und Politik. Der Bund muss ein Elektrifizierungskonzept erarbeiten. Die Länder müssen das Datum festlegen, ab dem im SPNV keine neuen Dieselfahrzeuge mehr auf die Scheine kommen dürfen. Und die Aufgabenträger müssen entscheiden, auf welchen Strecken im SPNV Wasserstoff- oder Batteriezüge zum Einsatz kommen sollen.“

Matthias Stoffregen, Geschäftsführer von Mofair, sagt: „Der Schienenpersonennahverkehr will seinen Beitrag zur CO2-Reduktion bringen. Dafür brauchen Eisenbahnverkehrsunternehmen, Aufgabenträger, Fahrzeughersteller und Fahrzeugfinanzierer klare Rahmenbedingungen, für die der Bund nun sorgen muss. Erst mit einem klaren Elektrifizierungsfahrplan wird deutlich, wo künftig welche Fahrzeuge mit welchem Antrieb fahren können. Ohne ihn bleibt Unsicherheit im Markt, die die Dekarbonisierung verlangsamt.“

Martin Schmitz, Geschäftsführer des VDV, sagt: „Die Schiene ist heute schon der umweltfreundlichste, ressourcenschonendste und emissionsärmste Verkehrsträger. Daher stehen Investitionen in die Stärke dieses Verkehrsträgers im Gleichklang mit dem nationalen Klimaschutzzielen, den EU-Zielen aus dem Green Deal und dem Klimaschutzabkommen von Paris. In vielen Fällen kann die effiziente Energienutzung aus der Oberleitung um Batterien ergänzt werden, um hundert Prozent elektrisch und mit regenerativ erzeugter Energie Mobilität anbieten zu können.

Siehe auch: Die Oberleitung muss die Regel sein

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