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Viel Spaß auf dem Berg

13.08.20 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Es ist gerade ein paar Tage her, da ging ein Zeitungsausschnitt durch die sozialen Medien, dass elektrische Busse trotz der derzeitigen Hitzewelle, leider ihre Klimaanlagen ausschalten müssen, weil die Batteriereichweite leider nicht ausreichend ist. Die Klimaanlage zieht soviel zusätzliche elektrische Energie, dass der Bus sonst nicht soweit kommt, wie er das im Laufe des Betriebstages müsste. Na herzlichen Glückwunsch!

Überhaupt erzählen Busfahrer ganz andere Geschichten als die Pressestellen ihrer Unternehmen. Da ist die Rede von Bussen, die auf der Kreuzung nicht mehr anfahren wollen, weil die Batterie leer ist oder von hohen und reproduzierbaren Verspätungen auf topographisch anspruchsvollen Strecken. Nun sind Bochum und Gelsenkirchen relativ flach, aber schon in Witten, wo die Bogestra AG ebenfalls unterwegs ist, ändert sich das.

Ich bin gespannt, ob die Linie 376 es den ganzen Tag über schafft, immer wieder aus der Wittener Innenstadt über den Ardey nach Herdecke und zurück zu fahren. Was ist mit der Linie 375, die die den steilen Kohlensiepen von Witten-Annen auf den Wartenberg befährt? Man darf gespannt sein ob das alles so klappt, wie die Verantwortlichen sich das denken oder ob man nicht sehr schnell zu konventionellen Dieselbussen wechselt.

Was ist im Winter? Im Moment ist es sehr heiß, aber die kalte Jahreszeit ist ebenso schnell wie überraschend da. Was passiert denn, wenn man mal ein oder zwei Wochen Dauerfrost hat? Ist dann schon am frühen Nachmittag Betriebsschluss? Und was passiert, wenn sich im kommenden Jahr eine neue Bundesregierung darauf einigen sollte, die Förderprogramme für Elektrobusse nicht mehr zu verlängern?

In der anstehenden Wirtschaftskrise ist in den Verhandlungen zwischen Bund und Ländern, Regierung und Opposition alles möglich. Dann stehen die Verkehrsunternehmen da, denn kein einziger Hybridbus, Elektrobus, Brennstoffzellenbus oder was auch immer ist auf dem Markt konkurrenzfähig. Entweder es gibt von Bund und Land zusätzliches Geld, das die erhöhten Kosten abdeckt, oder aber man schafft doch wieder Dieselbusse an.

Das offizielle Narrativ lautet, dass man jetzt in diesen Tagen viel Geld in die Forschung und Entwicklung investiert und dann irgendwann werden die alternativen Antriebsarten ohne Extrageld auskommen. Das machen wir jetzt seit Jahren, ein anderes Verkehrsunternehmen hat sich schon vor geraumer Zeit „Unsere Mission, null Emission“ auf die Fahnen geschrieben. Ganz zu schweigen davon, dass die Frage wie der zusätzliche Strom erzeugt wird, eine ganz andere ist, so bleibt es im Moment bei hohen Fördergeldern und schönen Versprechungen.

Gleichzeitig ist bei konventionellen Dieselbussen eine so hohe Nachfrage da und ein so hoher Marktdruck für die Hersteller, dass diese ganz ohne Fördergelder immer besser werden. Es hat schon einen Grund, wieso die ebenso alten Technologien, die jetzt ein Revival erleben, sich gegen den Dieselantrieb nie haben durchsetzen können. Man kann eben nicht alles mit politischem Willen steuern.

Siehe auch: Bogestra AG beschafft Elektrobusse

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