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Ein Stück Normalität

25.05.20 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Auch wenn die aktuellen Eisenbahner mit Herz aufgrund der Corona-Pandemie nicht so prämiert werden können wie es üblich ist, so gilt es doch gerade in dieser Zeit an die Menschen zu denken, ohne die sich auf der Schiene zu jeder Tages- und Nachtzeit kein Rad drehen würde. Natürlich wurde dieser Wettbewerb einst ausgerufen, wie auch der Bahnhof des Jahres, um dem Schmuddel-Image, das die Schiene aus alten Bundesbahnzeiten noch immer hat, etwas positives entgegenzusetzen.

Der Schaffner ist eben nicht der schlecht gelaunte Beamte und der Bahnhof ist nicht der nach Fäkalien riechende Rauschgiftumschlagplatz wie es das in der Zeit der zurecht abgeschafften Behördenbahn war. Heute ist die Eisenbahn, und das ist ein Erfolg der Reformen der 1990er Jahre, ein moderner Dienstleistungsbereich und die Mitarbeiter sind Servicepersonal, das für die Fahrgäste da ist.

Natürlich gibt es in der Branche, gerade auf höheren Ebenen, noch immer Technokraten, die die Fahrgäste als Nutzer sehen und die Aufgabenträger als Kunde, die die Eisenbahn als reine B2B-Geschäft betrachten. Doch das Umlernen der letzten 25 Jahre zeigt an immer mehr Stellen Erfolg. Jetzt gilt es, diese Erfolge zu verteidigen und auszubauen. Dazu gehört auch ein gutes Personalmanagement und die umfassende Akquise guter Mitarbeiter.

Hier sind nicht nur die Verkehrsunternehmen gefragt, sondern auch die Aufgabenträger müssen sich ihrer Verantwortung bewusst werden und erkennen, dass man angesichts der zu wenigen Mitarbeiter und steigenden Regionalisierungsgelder an den Kosten für stärker gestiegene Mitarbeitergehälter beteiligen muss. Denn nicht nur einzelne Verkehrsunternehmen oder einzelne Regionen haben Zugausfälle wegen zu wenig Mitarbeitern, sondern das Problem zieht sich bundesweit durch.

Natürlich wird der jetzt anstehende konjunkturelle Abschwung mit dazu beitragen, dass man kurzfristig wieder leichter an Mitarbeiter kommt. Gleichzeitig dauert der demographische Wandel fort und viele Verkehrsunternehmen müssen Jahr für Jahr Mitarbeiter ersetzen, die in die wohlverdiente Altersrente gehen. Es stellt sich auch die Frage, ob die Rente mit 67 bei Lokomotivführern so überhaupt im großen Stil funktioniert oder ob die Leute nicht in ihren letzten Berufsjahren zwar noch nicht in die Rente eintreten, aber anderweitig im Unternehmen beschäftigt werden müssen.

Die Eisenbahn hat also einen enormen Personalbedarf und muss sich als Arbeitgeber entsprechend aufstellen. Hier braucht es deutlich bessere Löhne und so manches Bundesland muss ernsthaft erwägen, dass man jenseits des Bundesrahmentarifvertrages auch einen Landesrahmentarifvertrag für die Branche einführt, um sich im Vergleich zu anderen Ländern, aber auch zur örtlichen Industrie attraktiver zu machen.

Das muss dann aber auch von den Aufgabenträgern mit unterstützt werden. Denn Stand jetzt kann man zwar weitere Züge in den Fahrplan schreiben, aber diese würden mangels Personal nicht fahren. Auch bei der Vergabe solcher Preise muss man sich diesen Sachverhalt vor Augen halten.

Siehe auch: Lebensretter wird Eisenbahner mit Herz 2020

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