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Laufende Verpflichtungen sicherstellen

07.05.20 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Als vor einigen Wochen die Nachricht kam, dass man die Regionalisierungsgelder auch bei massiven Leistungskürzungen weiterlaufen lässt, war das für alle beruhigend. Natürlich ist die Eisenbahn nicht stärker vom Umsatzrückgang betroffen als beispielsweise die Gastronomie, dennoch muss man diese so essentielle Voraussetzung für das jetzt zur Wiederanfahrt stehende Wirtschaft gewährleisten, denn wenn die Leute nicht zu ihren Arbeitsplätzen kommen, dann ist es schnell Essig mit der viel gepriesenen „Rückkehr zur Normalität“.

Und neben den sicheren Regionalisierungsgeldern gibt es ja auch die Einnahmequellen auf dem freien Markt: Der Fahrpreis hat in einer umfassend restrukturierten Eisenbahnwelt wie der unsrigen längst nicht mehr nur eine symbolische Bedeutung wie bei der alten Behördenbahn, sondern der Fahrgast ist eine wichtige Finanzierungssäule für die Gesamtveranstaltung Eisenbahn.

Jetzt hat der baden-württembergische Landesverkehrsminister Winfried Hermann schon vor geraumer Zeit dazu aufgerufen, die Zeitkarten nicht zu kündigen. Manch einer wird sich vielleicht sein im März gekündigtes Monatsticket ab Juni auch wieder anschaffen und dennoch reißen die Einnahmeausfälle ein riesiges Loch in die Kasse. Dazu kommt, dass man den Betrieb nicht einfach so einstellen kann, weil es neben der Daseinsvorsorge auch ein real existierendes Verkehrsbedürfnis gibt.

Sei es, dass die Menschen ohne Auto mit dem Bus zum nächsten Rewe oder Edeka fahren, sei es dass es Berufspendler gibt, die nicht einfach alles von Zuhause aus können und vieles mehr. Natürlich sind im SPNV oftmals Bruttoverträge die Regel, doch dann fehlt das am Markt nicht mehr eingenommene Geld eben dem Aufgabenträger. Eine mögliche Folge könnten Abbestellungen von Verkehrsleistungen oder verschobene Investitionen sein.

Wie negativ es sich auswirkt, wenn man mit jedem Fahrplanwechsel Leistungen streicht, konnte man am Ende der Nullerjahre sehen. Mit Koch-Steinbrück wurden die Regionalisierungsgelder pro forma gesenkt, tatsächlich flossen weiter Gelder vom Bund an die Länder, aber ohne Zweckbindung und der SPNV wurde zum Finanzsteinbruch. Noch im letzten Jahr war man froh, dass diese Zeit vorbei ist.

Ich hoffe sehr, dass die Verkehrspolitik nicht in diese Verhaltensmuster zurückfällt. Und niemand soll denken, die langfristige Festschreibung der Regionalisierungsgelder sei in Stein gemeißelt. Es wird im Rahmen der Bund-Länder-Gespräche etliche Tagesordnungspunkte zu den Geldflüssen nach der Krise geben. Es steht zu befürchten, dass die Regionalisierungsgelder, insbesondere die Zweckbindung dieser Beträge, dann zur reinen Verhandlungsmasse werden und entsprechend muss man sich argumentativ gut aufstellen.

Dazu gehört kurzfristig ein solcher Schutzschirm, damit die Krise ohne Liquiditätsengpässe und schlimmstenfalls Insolvenzen über die Bühne geht. Man muss sicherstellen, dass laufende Verpflichtungen erfüllt werden, um einen Domino-Effekt zu verhindern. Hier ist die Politik gefordert, die Strukturen für die Nachkrisenzeit zu erhalten.

Siehe auch: VDV unterstützt ÖPNV-Rettungsschirm

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