Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Mobilitätsprämie statt Autokaufprämie gefordert

04.05.20 (Allgemein) Autor:Stefan Hennigfeld

Vertreter der ÖPNV- und Eisenbahnbranche haben im Vorfeld des für den morgigen 5. Mai geplanten Autogipfels zwischen Vertretern der Bundesregierung und der Automobilindustrie dazu aufgerufen, statt einer Prämie für den Neuwagenkauf, wie es sie zuletzt 2009 gab, eine Mobilitätsprämie auszuloben, von der alle mit Verkehr verbundenen Wirtschaftszweige profitieren.

„Die Bundesregierung darf nicht den Fehler der Finanzkrise wiederholen, als sie mit der Abwrackprämie ohne Rücksicht auf die Klimabelastung die Dominanz des Straßenverkehrs zementiert hat“, sagte Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, am 28.04.2020 in Berlin. „Diese Wirtschaftskrise trifft den gesamten motorisierten Verkehr, auch den Öffentlichen Personenverkehr“, betonte Flege.

Flege: „Diesmal brauchen wir eine Mobilitätsprämie, die den Verbrauchern die Wahl und die freie Entscheidung überlässt zwischen einem neuen Auto und der Investition in klima-freundliche Verkehrsmittel. Wer will, kann sich mit dieser staatlichen Förderung Abos für den Öffentlichen Personenverkehr kaufen oder auch Elektro-Bikes. Mit einer Mobilitätsprämie stellt die Bundesregierung sicher, dass der Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise nicht die Klimakrise verschärft.“

ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork ergänzt: „Durch Corona hat sich das Leben fast aller Menschen schlagartig geändert. Sie stehen jetzt vor der Entscheidung, wie sie ihre Mobilität nach Corona neu organisieren. Das Horrorszenario wäre, wenn jetzt wirklich alle ins Auto steigen, denn dann bricht der Verkehr in Deutschland zusammen. Der Zeitpunkt jetzt ist eine riesige Chance für die Bundesregierung, Deutschland für einen intelligenten Verkehrsmix zu begeistern!“

In seinem Aufruf an die Bundesregierung weist das Bündnis darauf hin, dass eine Mobilitätsprämie auch angesichts der im Klimapaket vereinbarten klimafreundlichen Transformation des Verkehrssektors dringend erforderlich ist. Eine reine Autoprämie setze den falschen Anreiz, immer mehr Wege mit dem Auto zurückzulegen, anstatt je nach Wegezweck das intelligenteste Verkehrsmittel auszuwählen, so das Bündnis.

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) unterstützt diese Idee. Zugleich betont der Branchenverband des Öffentlichen Personen- und des Schienengüterverkehrs, dass bei den nun zu treffenden politischen Beschlüssen die Sicherung und Zukunft des gesamten Verkehrssektors oberste Priorität haben muss.

VDV-Präsident Ingo Wortmann: „Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronakrise haben den gesamten Verkehrssektor gleichermaßen hart getroffen. Daher ist es nur richtig, wenn nun für alle Branchen des Sektors angemessene Maßnahmen zur finanziellen Unterstützung beschlossen werden. Egal ob ÖPNV, Eisenbahn, Fahrrad, Carsharing oder E-PKW, keine der für die Klimaschutzziele essenziellen Verkehrsmittel und deren Anbieter oder Industrien dürfen finanziell in nachhaltige Schieflage geraten.“

Wortmann: „Die Verkehrswende bleibt das unter allen Umständen zu erreichende Ziel im Mobilitätssektor, sonst drohen Deutschland weitere Milliarden an Strafzahlungen von der EU. Insofern unterstützen wir die Idee einer Mobilitätsprämie mit der die Bürgerinnen und Bürger selber und frei entscheiden können, für welches Verkehrsmittel sie dieses Geld einsetzen. Die Bevölkerung in Deutschland hat unterschiedlichste Mobilitätsbedürfnisse. Eine flexibel einzusetzende Prämie wäre daher ein passendes Mittel, um alle Verkehrsanbieter zu unterstützen.“

„Der Vorschlag einer ,Innovationsprämie‘ für den Kauf ,umweltfreundlicher‘ Fahrzeuge geht uns nicht weit genug. Es ist nicht zielführend, Fahrzeuge zu fördern, deren Technik nicht zukunftsweisend ist. Dazu gehören auch die sogenannten ,Plug-in-Hybride‘, die eine ;Mogelpackung‘ sind und Umwelt und Verbraucher*innen wenig nützen. Wenn überhaupt, darf es nur eine Kaufprämie für kleine, rein elektrische Fahrzeuge geben“, betont die Landesvorsitzende des BUND Baden-Württemberg, Brigitte Dahlbender.

„Die Fehler früherer Krisen dürfen sich nicht wiederholen. Ziel muss es stattdessen sein, durch eine Mobilitätswende die Zahl der Autos und Lkw in Deutschland deutlich zu reduzieren und zu einem menschen- und klimagerechten Verkehrssystem zu kommen“, so Dahlbender weiter. Es sei „ein Skandal“, dass jetzt schon wieder mit einer als Innovation „verbrämten“ Subvention die Autoindustrie gefördert werden soll, so wie durch die im Jahr 2009 eingeführte Abwrackprämie für Autos, die mindestens zehn Jahre alt waren.

Siehe auch: Der ÖPNV ist kein reiner Kostenfaktor

Kommentare sind geschlossen.