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Marktwirtschaft gerade auch in der Krise

30.04.20 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

In der Krise kommt die schöpferische Kraft des Marktes zur Geltung wie selten sonst. In Schönwetterzeiten mag vieles nach Schema F einfach so funktionieren, was es jetzt nicht mehr tut. Und da sind sie gefragt: Die Ideen, die Tüftler, Ingenieure und Erfinder. Menschen, die sich Gedanken machen und die schnell umschwenken können.

Wenn die Hersteller von Spirituosen in die Produktion von Desinfektionsmitteln einsteigen und wenn Trigema (das sind die mit dem Schimpansen in der Werbung) von jetzt auf gleich Schutzmasken produziert, dann zeigt sich: Marktwirtschaft funktioniert gerade in der Krise. Und auch Daimler Buses baut den Transportbus nicht (oder nicht nur) aus lauter Sinn für Gemeinnützigkeit, sondern um selbst zu profitieren und sei es, dass es sich um eine große Werbeaktion handelt.

Diese Erkenntnis sollten wir mit aus der Krise nehmen: Es sind nicht die staatlichen Stellen, die kurzfristig Probleme lösen, sondern es sind die privaten Akteure, die schon da sind, wenn Behörden und Regierungen sich gerade auf den Weg machen. Diese Erkenntnis muss man auch mit in die Verkehrspolitik nehmen.

Ich möchte hier aber nicht den unreflektierten Marktglauben der Nullerjahre beschwören, als man annahm, öffentliche Daseinsvorsorge sei per definitionem überall dort unnötig, wo es kein Privatinvestor bereit ist, eigenwirtschaftlich anzubieten. Diese Ideologie ist gescheitert. Man sieht es beispielsweise am flächendeckenden Breitbandausbau.

Unter Rot-Grün hieß es, dass es nicht Aufgabe des Staates sein könne, jedermann einen digitalen Internetanschluss zu verschaffen. Man ging damals davon aus, Unternehmen würden sich auch an Standorten ansiedeln, an denen man nur mit einem 56k-Modem ins Internet kommt, solange die Löhne nur niedrig genug sind.

Heute ist die öffentliche Meinung weitgehend ins Gegenteil umgesprungen. Nur ein Überbleibsel des Marktglaubens der Nullerjahre existiert noch: Die Eigenwirtschaftlichkeit im SPFV. Noch immer glaubt man, es gäbe überall dort kein Fernverkehrsbedarf, wo DB Fernverkehr nicht bereit ist, eigenwirtschaftlich zu fahren. Hier ist ein Punkt gekommen, wo der Markt eben nicht funktioniert.

Und weil die Initiative Deutschlandtakt sich nie getraut hat, das so offen auszusprechen (man wollte ja die DB AG nicht verprellen), ist man irgendwann nicht mehr weitergekommen. Hier ist also ein Punkt erreicht, wo der Staat sehr wohl intervenieren sollte, allerdings lohnt es sich auch hier, auf Marktwirtschaft zu setzen.

Im Regionalverkehr hat man ein gutes Mittel gefunden aus öffentlichen Aufgabenträgern, die die Leistungen bestellen und privaten Verkehrsunternehmen, die diese dann fahren. So hat man stets das optimale Preis-Leistungs-Verhältnis und man kann als guter Aufgabenträger die Ideen der Verkehrsunternehmen in die Vergaben mit aufnehmen. Es gibt ein Qualitätscontrolling und die Möglichkeit der Intervention bei fortgesetzten Schlechtleistungen. Die gibt es weder im SPFV noch im kommunalen Nahverkehr. Deshalb: Lassen Sie uns alle mehr Markt wagen für bessere Qualität

Siehe auch: Daimler Buses baut Citaro zum COVID-19-Transporter um

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