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Branche legt Charta zur Corona-Krise vor

02.04.20 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Führende Vertreter der Verkehrsbranche haben sich in einer gemeinsamen Charta zu einer verstärkten Zusammenarbeit in der Corona-Krise bekannt, um die Versorgung über die Schiene sicherzustellen. „Diese Herausforderungen können wir nur zusammen bewältigen“, heißt es in der Erklärung. Unterzeichnet haben neben der Deutschen Bahn, Kombiverkehr und der Hamburg Port Authority HPA die Allianz pro Schiene, das Deutsche Verkehrsforum, der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen, der Verband der Bahnindustrie in Deutschland, das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen, Mofair und der Verband der Güterwagenhalter in Deutschland.

In dem Papier betonen die Unternehmen und Verbände die Bedeutung des Schienengüterverkehrs als Lebensader der Volkswirtschaft. Die Güterbahnen beförderten neben wichtigen Rohstoffen auch Lebensmittel und medizinische Erzeugnisse. Ganze Branchen wie die Chemieindustrie, die Energiewirtschaft mit ihren Kraftwerken oder die Seehäfen seien abhängig vom Schienengüterverkehr, dessen besondere Stärke die Bündelung großer Transportvolumina sei. „Schon in normalen Zeiten und erst recht in Corona-Zeiten gilt: Der Schienengüterverkehr ist systemrelevant.“

Das breite Bündnis definiert zugleich wichtige Bedingungen, damit die Güterzüge weiter rollen. Dafür reiche es nicht, sich nur auf den Betrieb der Züge und die Funktionsfähigkeit der Infrastruktur zu konzentrieren. „Lokführer, Wagenmeister und Fahrdienstleister sind als Vertreter systemrelevanter Berufe nur dann wirklich einsatzbereit, wenn auch die Rahmenbedingungen stimmen.“

Dafür brauchen die Beschäftigten des Schienensektors laut der Erklärung eine gesicherte Betreuung ihrer Kinder. Nötig sei, die Hotels an den Standorten des Lokführerwechsels ebenso wie die Werkstätten für die Instandhaltung des rollendenden Materials offen zu halten. Weitere Maßnahmen wie mehr Flexibilität bei den Öffnungszeiten (zum Beispiel der Terminals für den Kombinierten Verkehr) oder eine geänderte Baustellenplanung sollten für die Dauer der Krise geprüft werden.

„Nur ein ganzheitlicher Ansatz kann Versorgungssicherheit gewährleisten.“ Dies beinhalte auch die verstärkte Zusammenarbeit mit anderen Verkehrsträgen und den intensiven Einsatz des Einzelwagenverkehrs auf der Schiene. Ganz so einig ist man sich indes in vielen Sachfragen dennoch nicht. So hat der EVG-Bundesvorsitzende Thorsten Westphal sich klar für die Beibehaltung des integrierten DB-Konzerns ausgesprochen, in dessen Aufsichtsrat er seit einigen Tagen sitzt.

„Wer sich nach all dem, was wir augenblicklich erleben, weiterhin für eine Zerschlagung des Unternehmens ausspricht, schadet dem System Schiene und damit dem Standort Deutschland.“ Das System Schiene zeige gerade in Krisenzeiten seine Robustheit und Verlässlichkeit. „Im Augenblick wird für jeden erlebbar, wie wichtig es ist, eine gut funktionierende Eisenbahn zu haben. Ein wesentlicher Garant dafür ist, alle notwendigen Leistungen ohne Umwege innerhalb des DB-Konzern steuern zu können.“

Derzeit sind Bahn und Bus eminent wichtig, um die Mobilität der Bevölkerung und ihre Versorgung zu sichern. Wenn die Unternehmen aufgrund der Corona-Pandemie in finanzielle Schieflage geraten, muss ein schneller Ausgleich geschaffen werden, weil ansonsten die Grundversorgung gefährdet wird. „Die Unternehmen müssen handlungsfähig bleiben, um Mobilität als Rückgrat unserer Gesellschaft auch dann gewährleisten zu können, wenn wir wieder zur Normalität zurückkehren.“

Die GDL, die grundsätzlich für eine Trennung von Netz und Betrieb einsteht, hat die in ihren Augen zu geringen Leistungskürzungen kritisiert. Der Betrieb müsse aus Sicherheitsgründen halbiert werden, um die Infektionsgefahren für Mitarbeiter zu senken und um zu verhindern, dass „heiße Luft“ transportiert werden. Diese Kritik weist der DB-Konzern zurück.

In einer Pressemeldung heißt es: „Fakt ist, dass die DB überall in Deutschland mit einem stabilen Angebot – übrigens anders als andere – die Mobilität in Deutschland sichert. Auch in schweren Zeiten könnten somit Krankenpfleger, Ärzte, Polizisten und andere Helfer zur Arbeit kommen.“ Die GDL hat ihrerseits auch darauf wieder reagiert. Man fordere die Halbierung des Zugverkehrs „nicht unbegründet“, denn zum einen sind die Fahrgastzahlen deutlich gesunken. Zum anderen ist die Spitze des Corona-Eisbergs noch lange nicht erreicht. Hier ist also noch Diskussionsstoff.

Siehe auch: Probleme lösen und Diskussionen verschieben

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