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Zwölf Wochen neue MVV-Tarifstruktur

16.03.20 (München) Autor:Stefan Hennigfeld

Zum 15. Dezember 2019 wurde im Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) eine umfassende Tarifreform umgesetzt. Nach nunmehr zwölf Wochen mit dem neuen Tarifsystem ziehen die Verbundgesellschaft und die Verkehrsunternehmen Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) und S-Bahn München eine erste positive Bilanz. Erfreulich ist insbesondere, dass die Tarifreform neue Abokunden anzieht.

Seit Dezember 2019 wurden deutlich mehr Verträge für die IsarCard, die IsarCard65 und die IsarCardJob im Abo abgeschlossen als im Vorjahreszeitraum. Nach vorläufigen Auswertungen stieg die Zahl der Abonnements im MVV seit der Tarifreform um knapp sechs Prozent bzw. gut 19.000 Verträge an. Zum Vergleich: Ein Jahr zuvor betrug die Steigerung lediglich 0,4 Prozent. Bei den Jobtickets gab es eine überproportionale Zunahme, weil mehrere große Arbeitgeber ihren Mitarbeitern besonders attraktive Konditionen anbieten.

„Insgesamt ist die Tarifreform sehr positiv aufgenommen worden, insbesondere natürlich bei den Kunden, die nun günstigere Angebote in Anspruch nehmen können“, zieht MVV-Geschäftsführer Bernd Rosenbusch ein erstes Resümee. „Rund 19.000 neuen Kunden im Abo bedeuten monatlich rund eine Million zusätzliche ÖPNV-Fahrten. Das sind rund zehn Millionen Personenkilometer – von denen ein großer Teil ansonsten mit dem eigenen Pkw stattfinden würde.“

„Die ersten Zahlen zeigen, dass die Reform wirkt und viele Menschen dazu bewegt, sich ein Abo zuzulegen“, ergänzt MVG-Chef Ingo Wortmann. „Wenn dies zu spürbar mehr Fahrgästen insbesondere in der Hauptverkehrszeit führt, müssen wir unser Angebot massiv ausbauen. Hierfür muss die Finanzierung dauerhaft gesichert sein.“

„Bahnfahren ist aktiver Klimaschutz. Daher freut es mich, wenn wir auch dank der Tarifreform neue Abokunden innerhalb des MVV gewinnen konnten. Damit wir die Verkehrswende schaffen, muss die Infrastruktur nun weiter ausgebaut und das Angebot kontinuierlich verbessert werden“, sagt Heiko Büttner, Vorsitzender der Geschäftsleitung der S-Bahn München.

Gleichwohl haben die ersten Wochen gezeigt, dass sich die Fahrgäste noch umorientieren und an die neuen Regelungen gewöhnen müssen. MVV, MVG und S-Bahn haben daher einige Hinweise zum Ticketkauf zusammengestellt: In den Wochen nach Einführung des neuen Tarifsystems kam es des Öfteren zu Fehlkäufen, weil viele Fahrgäste mit der neuen Zonen-Systematik noch nicht vertraut sind.

Zu beachten ist insbesondere, dass für Fahrten innerhalb der gesamten Stadt München (sowie einigen Umlandgemeinden) immer ein Ticket für die Tarifzone M erforderlich ist, auch wenn es teilweise eine Preisgleichheit mit den nummerisch aufgebauten, aber räumlich unterschiedlichen Tarifzonen 1 bis 6 außerhalb der Zone M gibt.

Ein weiteres Missverständnis ist, dass eine Fahrkarte für die (äußerste) Zone 6 als Fahrkarte für das Gesamtnetz angesehen wird – richtig wäre ein Ticket für die Zonen M-6 als „Gesamtnetzfahrkarte“. Mit der Tarifreform gibt es erstmals ein einheitliches Sozialticket für die Bürger in allen Verbundlandkreisen sowie in der Landeshauptstadt München.

Das neue Angebot macht es erforderlich, dass sich die Berechtigten in der Landeshauptstadt München einen neuen München-Pass bei den Sozialbürgerhäusern bzw. im Landkreis München einen neuen Landkreis-Pass beim Landratsamt ausstellen lassen. Mit den alten Pässen kann an den Automaten keine IsarCard S mehr gekauft werden, da sich die Ticketcodierung geändert hat.

Die Mitarbeiter in den Kundencentern der S-Bahn/DB und der MVG an den Bahnhöfen Hauptbahnhof, Marienplatz und Ostbahnhof hatten einen gewaltigen Kundenansturm zu bewältigen. Beide Unternehmen haben personell aufgestockt und alle verfügbaren Kräfte mobilisiert. Dennoch ließen sich insbesondere zwischen Mitte Dezember und Mitte Februar lange Wartezeiten nicht vermeiden. An Spitzentagen wurden teilweise über 10.000 Kunden an den Schaltern bedient oder durch mobile Servicemitarbeiter beraten, die die Kundencenter bei der Bewältigung des Andrangs unterstützen.

Insgesamt hat die Nachfrage inzwischen deutlich nachgelassen. Nachmittags ist es mitunter noch voll. Die kürzesten Wartezeiten sind in der Regel vormittags zu erwarten. In der Wochenmitte ist die Nachfrage erfahrungsgemäß meist geringer als zu Beginn oder Ende der Woche. Sukzessive ist allerdings erkennbar, dass – jenseits der aktuelle Corona-Problematik – der Alltag im Münchener ÖPNV einkehrt.

Siehe auch: Die Chancen für die Verkehrsverlagerung nutzen

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