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Erfolg trotz einzelner Probleme

13.02.20 (Baden-Württemberg, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Konstruktive Kritik ist natürlich jederzeit erlaubt und auch notwendig, um die Abläufe besser zu machen. Was mich aber stört an den Einlassungen des VCD in Baden-Württemberg ist, dass überall die Radikalkritik an der Eisenbahnreform indirekt mitschwingt. Nein, die alte Behördenbahn ist nicht ohne Not abgewickelt worden, sondern die Eisenbahnreform hat den Verkehrsträger Schiene in Deutschland gerettet.

Zum Ende seiner Kanzlerschaft sagte Helmut Schmidt (SPD), man müsse sich zwischen Bundeswehr und Bundesbahn entscheiden. Und da kein Land der Welt seine Streitkräfte aufgeben kann, wäre auch klar gewesen, zu wessen Lasten eine solche Entscheidung hätte ausfallen müssen. Und ordnen wir die Eisenbahnreform 1994 und die Regionalisierung 1996 einmal historisch ein.

Das Gespenst des „betriebswirtschaftlich optimalen Netzes“ hätte durchaus von rot-grün ab 1998 wieder hervorgezaubert werden können. Damals hat man nämlich das eigentliche Ziel der Eisenbahnreform, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen, wieder verworfen und sollte dafür die Bahn an der Börse versilbern. Das möchte heute zum Glück niemand mehr und statt sich über eine Rückumwandlung in eine Behördenbahn Gedanken zu machen, muss man sich überlegen, wie man die real existierende Eisenbahn gestalten möchte.

Dazu gehört auch, dass es sicherlich sinnvoll sein kann, wenn man, wie in Baden-Württemberg, die marktwirtschaftliche Transformation lange verpennt hat, erst einen Abschmelzungsvertrag mit DB Regio zu machen, um die Leistungen sukzessive in den Wettbewerb zu überführen. Viele andere Bundesländer haben damit Erfolg gehabt. Gleichzeitig ist die Rechtslage natürlich jetzt eine andere, eine bessere als rund um die Jahrtausendwende.

Es gibt seit dem Abellio-Urteil, das sich dieser Tage zum neunten mal gejährt hat, eine Pflicht zur Ausschreibung und alle Versuche, die Rechtslage zu ändern, sind glücklicherweise gescheitert. Und gerade deshalb haben wir mit Go-Ahead und National Express zwei neue Player im Markt, einer davon auch in Baden-Württemberg. Aber Go-Ahead ist kein Neuling und das Unternehmen hat, wenn auch in Deutschland noch nicht solange aktiv, sehr wohl ausreichend Erfahrung, um ein Netz so disponieren zu können, dass es läuft.

Und Abellio ist seit nunmehr 15 Jahren eine feste Größe auf der deutschen Schiene und kann deshalb gar kein Newcomer mehr sein. Aber die Probleme mit den Herstellern, der Personalmangel und vieles mehr ist ein Branchenproblem und keines einzelner Unternehmen. Klar, die schon länger vor Ort aktiven Unternehmen DB Regio oder SWEG können bei verspäteten Lieferungen anders reagieren.

DB Regio ist nach wie vor der Marktführer und hat einen konzerninternen Gebrauchtfahrzeugmarkt, mit dem man solche Probleme auffangen kann. Aber wenn man noch ein Jahr länger mit Silberlingen aus Bundesbahn-Beständen rumfährt, ist das gerade nicht die Lösung für die strukturellen Probleme mit den Herstellern. Hier gilt es, Experten zusammenzubringen für gemeinsame Ideen.

Siehe auch: VCD kritisiert Vergabepolitik in Baden-Württemberg

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