Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

VDV hält Jahrespressekonferenz 2020 ab

03.02.20 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Im 22. Jahr hintereinander sind die Fahrgastzahlen bei Bussen und Bahnen in Deutschland auch 2019 wieder gestiegen. 10,413 Milliarden Menschen fuhren nach Hochrechnungen des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) im letzten Jahr mit dem ÖPNV. Das entspricht einer Steigerung von 0,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (10,382 Milliarden). Das Fahrgastwachstum war damit 2019 deutlich niedriger als in den Jahren zuvor.

„Der erneute Kundenzuwachs auf bereits hohem Niveau ist erfreulich. Allerdings fällt er geringer aus als bisher und ist daher für die Branche ein Signal, dass wir schneller und mehr in den Ausbau und in die Grunderneuerung des ÖPNV investieren müssen, um zusätzliche Angebote und Kapazitäten zu schaffen. Nur so kann in den kommenden Jahren mit Blick auf die Erreichung der Klimaschutzziele im Verkehrssektor weiteres Wachstum im ÖPNV sichergestellt werden. Dies ist auch eine wichtige Botschaft an die verantwortlichen politischen Entscheider im Bund und in den Ländern, die für die notwendigen Finanzierungs- und Rahmenbedingungen sorgen müssen“, so VDV-Präsident Ingo Wortmann.

Das Ziel der Branche, die Fahrgastzahlen im ÖPNV bis 2030 um dreißig Prozent zu steigern, wird kein Selbstläufer, sondern ein Kraftakt. „Bund, Länder, Kommunen und natürlich auch die Verkehrsunternehmen selber müssen gemeinsame und sinnvolle Lösungen finden, um den Ausbau und die Modernisierung des Nahverkehrs deutlich und schnell voranzubringen. Dabei ist eine langfristige und verlässliche Finanzierungsperspektive über Bund und Länder hinweg ebenso wichtig wie die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren für unsere Bauvorhaben.

Das deutsche Nahverkehrssystem ist eines der besten weltweit. Um aber für den Klimaschutz in den kommenden Jahren deutlich mehr Fahrgäste zu befördern, brauchen wir eine Angebots-, Ausbau- und Modernisierungsoffensive“, so Wortmann. Erfreulich ist aus Branchensicht die für die Finanzierung der Angebote notwendige Steigerung bei den Erlösen aus dem Ticketverkauf: Im vergangenen Jahr lagen die Einnahmen mit insgesamt 13,338 Milliarden Euro um rund 2,2 Prozent höher als im Jahr davor (13,054 Milliarden Euro).

„Die Ticketeinnahmen sind für die Verkehrsunternehmen die wesentliche Finanzierungssäule, um den Betrieb im ÖPNV zu finanzieren. Angesichts steigender Löhne und Gehälter und notwendiger Angebotsausweitungen ist der steigende Finanzierungsanteil, den die Kundinnen und Kunden jährlich durch ihre Ticketkäufe leisten, dringend nötig. Einen Großteil dieser Einnahmen – wie momentan häufig diskutiert wird – dauerhaft durch Steuermittel zu subventionieren halten wir unternehmerisch für den falschen Weg. Denn die Fahrgäste wollen nicht in erster Linie nur günstig fahren, sondern ein qualitativ gutes und möglichst lückenlos verfügbares ÖPNV-Angebot nutzen“, so Wortmann.

Über alle Ticketangebote zahlen Fahrgäste 1,11 Euro pro Fahrt mit Bus oder Bahn im Nahverkehr. „Wir bieten einer Vielzahl unserer Kundinnen und Kunden bereits heute teils stark vergünstigte Tickets. Es ist politisch so gewollt und mit dem ÖPNV als Teil der Daseinsvorsorge auch absolut nachvollziehbar, dass zum Beispiel Schülerinnen und Schüler, Studentinnen und Studenten, Auszubildende, Schwerbehinderte oder Menschen mit geringem Einkommen deutlich weniger für ihre Tickets zahlen als die übrigen Fahrgäste“, so Wortmann.

Der Preis für ein Einzelticket liegt im bundesweiten Schnitt bei 2,70 Euro, eine Monatskarte kostet durchschnittlich 54,45 Euro. „Wenn man das mit den monatlichen Kosten für einen PKW für Versicherung, Steuern, Verbrauch, Verschleiß und Parkgebühren vergleicht, dann ist der ÖPNV deutlich günstiger“, so Wortmann. Das viel diskutiertet 365-Euro-Ticket, wie es beispielsweise in Wien auf dem Markt ist, lehnt man jedoch ab.

„Aktuell würden 365-Euro-Tickets die Verkehrswende eher ausbremsen als beflügeln. Der sofortige Einnahmenverlust bei der Einführung solcher Ticketangebote läge bundesweit bei mindestens vier Milliarden Euro jährlich. Das entspricht etwa einem Drittel aller heutigen Fahrgeldeinnahmen. Bei Abotickets würden die Einnahmen sogar um bis zu zwei Drittel sinken. Diese Gelder müssten jedes Jahr zusätzlich aus Steuermitteln kompensiert und dynamisiert werden, um die künftig aufgrund der notwendigen Angebotsausweitungen und Maßnahmen zur Betriebsstabilisierung überproportional steigenden Personal- und Betriebskosten zu berücksichtigen“, so Ingo Wortmann.

Siehe auch: Mehr Vernunft wagen

Kommentare sind geschlossen.