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NEE fordert politischen Kraftakt im neuen Jahr

09.01.20 (Güterverkehr, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Im neuen Jahr hat das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE) „nicht einen, sondern mehrere Kraftakte“ in der Verkehrs- und Eisenbahnpolitik auf Bundes- und Landesebene gefordert. Der Verband hat in einem Schreiben an Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer dessen Begriff „Kraftakt“ aus der Haushaltsdebatte vom 26. November aufgegriffen und die nachhaltige Steigerung und Konzentration von Bundesmitteln auf den Kapazitätsausbau der Schiene und grundlegende Änderungen an der Eisenbahnorganisation als zentrale Kraftakte bezeichnet.

Das Stadium von Ankündigungen und Auftaktmaßnahmen müsse Berlin zur Halbzeit der Legislaturperiode nun zügig hinter sich lassen. Kerkeling lobte, dass durch die Trassenpreissenkung im Güterverkehr, die Umsatzsteuersenkung im Personenfernverkehr sowie die Mittelerhöhung für den Schienenpersonennahverkehr und für kommunale Infrastrukturen des öffentlichen Verkehrs sowie die künftige CO2-Bepreisung „schienenfreundliche“ Entscheidungen gefallen seien, die man zu Beginn des Jahres der Regierung nicht zugetraut habe.

Verbandsgeschäftsführer Ludolf Kerkeling: „Dennoch reicht das nicht für die substanzielle Verlagerung von Verkehren. Auch 2019 hat der Verkehr auf der Straße und in der Luft stärker zugenommen als auf der Schiene. Es wurde keine Schienenstrecke neu in Betrieb genommen, die Qualität im Eisenbahnnetz stagniert auf deutlich zu niedrigem Niveau. 2020 und 2021 fährt der Bund die Neu- und Ausbauinvestitionen in sein Netz sogar herunter, während die staatlich gesetzten Energieabgaben für die Schiene deutlich ansteigen und weiterhin der Schatten der Wettbewerbsverzerrung über der geplanten Eigenkapitalerhöhung der DB AG in Höhe von einer Milliarde Euro liegt.“

Bisher sei vieles noch Stückwerk und werde durch gleichzeitige Förderungen des Straßenverkehrs konterkariert. Priorität hat aus Sicht der Wettbewerbsbahnen daher eine am Ende gesetzlich fixierte Vorrangstrategie für die Entwicklung des Schienenverkehrs als Rückgrat einer nachhaltigen Mobilität von Menschen und Gütern sowie eine zukunftsfähige Organisation des Eisenbahnsystems. 2020 müssen nach Überzeugung der Wettbewerbsbahnen die Eckpfeiler einer Bahnreform II sichtbar werden.

Der Verband sieht dabei einen Wandel der Rolle der Eisenbahninfrastrukturgesellschaften (Netz, Bahnhöfe, Bahnstromnetz) zu gemeinwohl- wie auch kundenorientierten Dienstleistern als Dreh- und Angelpunkt an. Die Aktiengesellschaft als Rechtsform dieser Teile der ehemaligen Bundes- und Reichsbahn habe definitiv nicht die Erwartungen der Gesellschaft erfüllt, denn in diesem Bereich der staatlichen Daseinsvorsorge führe Gewinnorientierung als Unternehmensziel zur permanenten Mangelverwaltung.

„Niemand käme auf die Idee, von der neu gründeten „Autobahn GmbH des Bundes“ eine Rendite auf das eingesetzte Kapital und Gewinnabführung zu verlangen. Die Organisation einer künftigen Schieneninfrastruktur-Entwicklungsgesellschaft dürfe nicht als Behörde, wohl aber effizient, gewinnfrei und wachstumsorientiert ausgestaltet werden. Sie müsse transparent und bürgernah arbeiten und für selbst verursachte Störungen voll haften.

Dagegen sei der Bund frei und aufgefordert, die Verkehrsunternehmen der DB allen anderen Eisenbahn- und Verkehrsunternehmen gleichzustellen. Niemand käme auf die Idee, staatliche Speditionen, Fluglinien, Taxiflotten, Busunternehmen oder Binnenschiffsreedereien zu fordern, nur bei der Eisenbahn wird aus historischen Gründen und verschiedenen Partikularinteressen Verkehr in großem Umfang von einem staatlichen Monopolisten betrieben“, so Kerkeling.

Eine verantwortliche, gewinnorientierte Führung der Verkehrsunternehmen müsse unterschiedslos durch den entsprechenden Marktrahmen gewährleistet und politischer Durchgriff in einzelne Unternehmen wirksam verhindert werden. Berlin müsse sich zugleich ernsthaft mit der Frage auseinandersetzen, ob die in sich widersprüchlichen Aufträge des Eigentümers und ihre schiere Größe die DB von außen wie von innen unsteuerbar gemacht hätten.

Kerkeling: „Dass Gras nicht schneller wächst, wenn man daran zieht, hat kürzlich DB-Chef Lutz korrekt angesichts des zweiten Ultimatums von Verkehrsminister Scheuer angemerkt. Uns scheint aber, dass im DB-Konzern insgesamt zu viel Gras in der Winterruhe verharrt, statt sich zur blühenden Wiese zu entwickeln.“ Entsprechend solle sich die Bundesregierung politisch von der DB AG und deren Politik emanzipieren.

Siehe auch: Eisenbahn und DB AG differenzieren

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