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Eine gute Schiene statt #Flugscham

28.11.19 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Lassen wir die Probleme mit der Personalakquise heute mal außen vor: Stand jetzt können wir davon ausgehen, dass Leistungsausweitungen nicht möglich sind. Allenfalls würden mehr Züge im Fahrplan stehen, die dann doch nicht fahren würden, weil das Personal nicht vorhanden ist. Aber da wir hier nicht von kurzfristigen Leistungsausweitungen sprechen, gehen wir einfach mal davon aus, dass das Problem in fünf Jahren gelöst worden sein wird.

Dann ist es immer noch richtig und wichtig, dass man Planungen in der Hand hat, die man dann umsetzen kann, wenn es aufgrund einer politischen Großwetterlage zu einem Geldsegen kommt. Nachdem Busse und Bahnen über Jahrzehnte stets als reiner Finanzsteinbruch gesehen worden sind, geht der Wind jetzt in eine bessere Richtung.

Bund und Länder konnten sich bis dato in den Finanzverhandlungen immer darauf einigen, den Regionalisierungsgeldern ihre Zweckbindung zu streichen und die Länder dachten im Traum nicht daran, das jetzt nicht mehr zweckgebundene Geld weiter für die Schiene zur Verfügung zu stellen, sondern die Gelder sind dann in den Haushalten für alles mögliche verfrühstückt worden. Auch für die Stadt- und Kreiskämmerer war es immer eine willkommene Möglichkeit, die Haushaltslöcher vor Ort zu stopfen, wenn man ein paar Busfahrten zur Tagesrandlage oder an Sonn- und Feiertagen mal eben gestrichen hat.

Die Folge war natürlich stets, dass an Leistungsausweitungen, Kapazitätserhöhungen oder sonstige Verbesserungen nie auch nur ansatzweise zu denken war. Im Gegenteil: Es war stets die reine Mangelverwaltung. Deswegen ist der Geldsegen im Grunde auch erstmal nur ein Nachholeffekt, weil Busse und Bahnen jahrzehntelang finanziell ausgetrocknet worden sind. Dabei sind unter der Misswirtschaft der alten Behördenbahn zahlreiche Strecken geschlossen worden, die auch heute noch Potential hätten.

Und gerade solche, die als Fahrrad- und Spazierweg betrieben werden, also nicht überbaut sind, ließen sich in einem langfristigen Plan zur Verkehrswende ebenfalls wieder zum Leben erwecken. Ich bin der festen Überzeugung, dass man mit einem besseren Angebot mehr Menschen auf die Schiene locken kann; das gilt für den Regionalverkehr ebenso wie für den Fernverkehr.

Die Allianz pro Schiene hat ja mit ihrer regelmäßig aktualisiert verlegten Broschüre „Stadt, Land, Schiene“ ganz besondere Erfolgsmodelle herausgehoben. Der Verband könnte also durchaus selbst merken, dass nicht ein allenfalls semiintellektueller Hashtag wie #Flugscham dafür sorgt, dass mehr Menschen mit dem „Umweltverbund“ fahren, sondern gute Angebote.

Das gilt auch für die Strecken, die hier zur Reaktivierung anstehen. Nicht selten haben die tatsächlichen Fahrgastzahlen in solchen Fällen die prognostizierte Nachfrage deutlich übertroffen. Darum ist es richtig, sich auf die eigenen Stärken zu konzentrieren. Komfortable Fahrzeuge, ein verlässlicher Taktverkehr und gute Anschlüsse an den kommunalen ÖPNV haben bislang noch immer für den erwarteten Erfolg gesorgt.

Siehe auch: Verbände stellen Reaktivierungsvorschläge vor

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