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Verbände stellen Reaktivierungsvorschläge vor

28.11.19 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) hat gemeinsam mit der Allianz pro Schiene insgesamt zehn Strecken in Deutschland vorgeschlagen, die derzeit stillgelegt sind, aber reaktiviert werden können. „Unsere bundesweiten Vorschläge erstrecken sich von der Ostsee bis zu den Alpen. Mit diesen neuen, alten Eisenbahnverbindungen kann Deutschland beim Klimaschutz rasch vorankommen“, sagte Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, in Berlin.

VDV-Geschäftsführer Martin Henke betonte: „Mit unseren Vorschlägen bekommt die Verkehrspolitik die Blaupause, um mit der Streckenreaktivierung zügig zu beginnen. Wir zeigen damit, wie der Schienenverkehr nicht nur in Ballungsräumen, sondern auch in ländlichen Regionen schnell gestärkt werden kann. Für die im Koalitionsvertrag der Bundesregierung beschlossene Verdopplung der Fahrgastzahlen im Eisenbahnverkehr ist die Wiederbelebung solcher Strecken ein wichtiger Schritt.“

Inzwischen hat Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) seine Unterstützung erklärt und schlägt in einem Eckpunktepapier vor, auch die Reaktivierung von (ehemaligen) Eisenbahnstrecken künftig aus den deutlich erhöhten Mitteln des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) zu fördern. Die gemeinsame Liste von Allianz pro Schiene und VDV enthält Projekte in ganz Deutschland, erhebt aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Die zehn Strecken sind als Beispiele für Reaktivierungen zu verstehen, die sich durch eine hohe Dringlichkeit und sehr gute Voraussetzungen für eine rasche Realisierung auszeichnen. In Schleswig-Holstein schlägt die Strecke von Kiel zum Schönberger Strand vor. Diese könne das Umland der Landeshauptstadt deutlich besser anbinden. In Mecklenburg-Vorpommern steht die Darßbahn auf der Liste.

Die Strecke Barth-Zingst-Prerow wurde zu DDR-Zeiten nicht mangels Nachfrage stillgelegt, sondern um Reparationen an die damalige Sowjetunion zu leisten. Die Strecke von Basdorf bis Berlin-Gesundbrunnen wurde durch den Mauerbau 1961 unterbrochen. In den dreißig Jahren seit dem Mauerfall ist es nicht gelungen, die nur einen Kilometer lange Lücke im Schienennetz zu schließen. Das soll sich ändern.

Auf der Strecke von Bad Bentheim nach Neuenhaus in Niedersachsen sind seit Juli erstmals nach 45 Jahren wieder Züge im Personenverkehr unterwegs. Ein Riesenerfolg mit Fahrgastzahlen, die bereits jetzt alle Erwartungen übertreffen. Die Erfolgsgeschichte muss mit der Reaktivierung der Strecke bis nach Coevorden in den benachbarten Niederlanden fortgeschrieben werden. Dies würde auch die Verbindung zur niederländischen Großstadt Emmen schaffen.

Rund um Münster in Westfalen schlägt man eine Reaktivierung der Strecke nach Sendenhorst vor. In der boomenden Region rund um Münster wächst die Verkehrsnachfrage stark. Deshalb ist es wichtig, dass bald wieder Züge Fahrgäste von Münster nach Sendenhorst bringen. Das Reaktivierungskonzept liegt vor. Es verknüpft Bahn, Bus, Rad und Pkw. Es wäre eine Chance, die Region vom Massenverkehr auf der Straße zu entlasten.

Zwischen Lollar und Londorf in Hessen könnte bald die Lumdatalbahn wieder fahren. In Baden-Württemberg stehen zwei Verbindungen auf der Liste: Von Breisach nach Comlar in Frankreich. Die Brücke über den Rhein wurde 1945 gesprengt. Die Straßenbrücke wurde schon kurz nach dem Krieg wiederaufgebaut, die Bahnbrücke bis heute nicht – und das trotz vorliegender Vorschläge durch die EU-Kommission, genau diese Verbindung wieder aufleben zu lassen.

Auch zwischen Calw und Weil der Stadt schlägt man die Reaktivierung vor, die eine Wiederanbindung nach Stuttgart ermöglichen könnte. Zwischen Blankenstein in Thüringen und Marxgrün in Bayern gibt es als Folge der deutschen Teilung noch immer eine sechs Kilometer lange Lücke. Die Region bekäme mit dem Comeback der Höllentalbahn eine massive Entlastung vom Lkw-Verkehr. Eine große Papierfabrik in Blankenstein hat wiederholt ihr Interesse an der Reaktivierung angemeldet.

Zuletzt schlägt man die bayrische Strecke von Gunzenhausen über Wassertrüdingen nach Nördlingen vor. Für den Gütertransport fahren noch Züge auf dieser Strecke. Doch auch für den Personenverkehr hat sie viel Potential. Der Freistaat Bayern unterstützt das Vorhaben zumindest für den Abschnitt Gunzenhausen bis Wassertrüdingen. Die bayrische Staatsregierung hat es als Beispiel für eine Reaktivierung im ländlichen Raum für die Planungen des Deutschland-Taktes angemeldet.

Siehe auch: Gute Schiene statt #Flugscham

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