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Rollende Züge sind im Interesse aller

25.11.19 (Baden-Württemberg, Bayern, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Es ist also mal wieder soweit: Mit den Betriebsaufnahmen folgen auch die Ersatzkonzepte. Während Radikalkritiker der Eisenbahnreform das vor ein paar Jahren noch nutzen konnten, um Stimmung zu machen und allen zu erzählen, wie toll eine staatliche Monopol-Eisenbahn wäre, ist man heute ganz im Sinne der Sache deutlich weiter. Die Verkehrsunternehmen unterstützen sich gegenseitig, denn sie wissen, dass sie an einem gemeinsamen Produkt arbeiten.

Gleichzeitig ist aber auch den beteiligten Akteuren klar, dass es eben nicht automatisch „die Privatbahn“ ist, die nichts auf die Reihe kriegt, sondern möglicherweise der Hersteller, vielleicht sogar einer, der vom Aufgabenträger selbst ausgewählt und mit der Lieferung der Fahrzeuge beauftragt worden ist. Ausschreibungen, bei denen der Betreiber Züge mitbringen muss, sind zwar noch immer vorhanden und wird es wahrscheinlich auch dauerhaft geben, aber die Verantwortung des Aufgabenträgers für die Leistungen anderer Auftragnehmer wird eben auch immer größer.

Natürlich kann man jetzt sagen, dass das ein Grund gegen die Anschaffung von Zügen durch die Besteller wäre. Allerdings: Die Aufgabenträger haben nun einmal eine relevante Rolle im System. Sie sind die einzigen Akteure, deren Interesse an einem funktionierenden Eisenbahnverkehr von primärer Natur ist. Für ein Verkehrsunternehmen können Schlechtleistungen, je nach Ausgestaltung der Verkehrsverträge, aus betriebswirtschaftlichen Gründen vernünftig sein; lassen wir unternehmenspolitische Betrachtungen außen vor.

Auch ein Hersteller kann u.U. daran interessiert sein, Fahrzeuge herzustellen, die alles andere als wartungsfreundlich sind, um am Verkauf von Ersatzteilen oder an Beratungsleistungen wiederum Geld zu verdienen. Das ist beim Aufgabenträger anders. Als staatliche Stelle – ob getragen vom Land oder von den Kommunen – hat dieser eine gemeinwirtschaftliche Zuständigkeit, d.h. es zählt ausschließlich der funktionierende Eisenbahnbetrieb.

Und um das auch mal zu sagen: Ganz gleich, in welcher Konstellation es auf einzelnen Linien oder Teilnetzen Probleme gibt, es liegt in der Natur der Sache, dass das dann auch immer die Probleme des Aufgabenträgers sind. Dieser hat aufgrund seiner gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen gar nicht die Möglichkeit zu sagen, dass er mit den Problemen seines Auftragnehmers EVU A oder Hersteller B nichts zu tun habe.

Man stelle sich einmal das Horrorszenario schlechthin vor: Aus irgendeinem Grund verfügt das Eisenbahnbundesamt, dass die Flotte des Teilnetzes Musterstadt stehenbleibt, es kann mit sofortiger Wirkung nicht mehr gefahren werden bzw. nicht mit den vorgesehenen Zügen. Ja, natürlich geht das den Aufgabenträger auch dann was an, wenn er nicht selbst Eigentümer der Züge ist, sondern wenn das Verkehrsunternehmen diese mitbringen musste. Aus diesem Grund freut es mich zu sehen, wie die Beteiligten zusammenhalten und gemeinsam dafür sorgen, dass Probleme gelöst werden. Denn die eigentliche Konkurrenz hat vier Gummireifen und steht in der Garage.

Siehe auch: BaWü: Go-Ahead stellt Ersatzkonzept vor

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