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Mehrgleisig gegen Personalnot fahren

07.11.19 (Baden-Württemberg, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Ohne Frage ist die Idee, dass man auch Asylbewerber zur Personalakquise heranzieht nicht nur aus integrationspolitischen Dingen eine gute Sache, sondern auch bei der so wichtigen Personalakquise in der Eisenbahnbranche. Man sollte sich aber nicht täuschen. Die Kölner Verkehrsbetriebe haben vor einigen Jahren eine ähnliche Aktion gemacht: Aus einer umfassenden Vorauswahl wurden 13 Asylbewerber in die Ausbildung zum Busfahrer übernommen, am Ende haben es fünf durchgehalten.

Die stehen jetzt in Lohn und Brot, sie sind Angestellte in einem unbefristeten, sozialversicherungspflichtigen und nach Tarifvertrag bezahlten Arbeitsverhältnis. Man kann der Eisenbahn- oder ÖPNV-Branche nicht vorwerfen, dass man die humanitäre Krise im nahen Osten dazu nutzt, um möglichst viele gar nicht oder nur symbolisch bezahlte Praktikanten ins Haus zu holen. Das gibt es ohne Frage in anderen Branchen, aber die Ankündigungen, dass man hier einen echten Integrationsbeitrag leisten möchte, sind in meinen Augen ernst und ehrlich gemeint.

Man sollte aber hier nicht davon ausgehen, dass sich ein Problem allein dadurch löst, dass man möglichst viele Asylbewerber in die Branche holt. Das wird nicht klappen. Wenn man sich schon darauf verständigt, dass man der Personalknappheit auch mit Einwanderung begegnen will, dann sollte man sich auf politischer Ebene dafür stark machen, direkte Anwerbeabkommen mit EU-Staaten zu schließen.

Spanien und Italien haben eine grassierende Jugendarbeitslosigkeit: Hier kann man einerseits Menschen ins Land holen, deren Bildungsstand geklärt ist und andererseits direkten Partnerländern Hilfe leisten, indem diese Druck aus der eskalierenden Arbeitslosigkeit junger Menschen herausnehmen können. Einfach nur darauf zu spekulieren, dass unter sehr vielen Asylbewerbern sicher auch gute Leute dabei sind, reicht aber tatsächlich nicht.

Selbstverständlich ist bereits die große Menge der in den letzten Jahren eingereisten Menschen ein Zeichen dafür, dass einige dieser Gruppe geeignet sind, um hier Lokomotivführer zu werden. Auf der anderen Seite muss man sich natürlich auch mit der Frage beschäftigen, was denn passiert, wenn es im nahen Osten hoffentlich bald einen friedenspolitischen Durchbruch gibt.

Was macht man denn, wenn Asylbewerber in ihr befriedetes Heimatland zurückkehren. Natürlich werden diese Menschen von der Berufserfahrung, die sie hier gesammelt haben, einiges mit in die Heimat nehmen. Aber dem deutschen Arbeitsmarkt stehen sie dann nicht mehr zur Verfügung. Man muss also feststellen, dass die Anstrengungen, Personal zu finden, auf vielen Ebenen stattfinden müssen.

Gerade in der jetzigen Situation, in der die Regionalisierungsgelder unerwartet erhöht werden und gleichzeitig eine Verrentungswelle bevorsteht, muss man sich um Personal bemühen. Hier führen viele Wege zum Ziel und wenn man es schafft, die sich jetzt in Ausbildung befindlichen Asylbewerber an Bord zu halten, dann ist das das einer von vielen richtigen Schritten zur Problemlösung.

Siehe auch: BaWü: Asylbewerber sollen Lokomotivführer werden

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