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Verbände stellen Wettbewerberbericht vor

28.10.19 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

In der letzten Woche haben die Wettbewerberverbände Mofair e.V. und das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE) ihren jetzt sechsten Wettbewerberbericht vorgelegt. Über ein Vierteljahrhundert nach der Abschaffung der alten Behördenbahn und der Gründung der heutigen DB AG sieht man die marktwirtschaftliche Transformation der Schiene auf einem guten Weg.

Anlässlich der Vorstellung in Berlin hob Ludolf Kerkeling, Vorstandsvorsitzender des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen (NEE) hervor, dass 2018 erstmals die „bunten Bahnen jenseits der DB mehr als fünfzig Prozent des deutschen Schienengüterverkehrs gefahren haben – zwei Jahre eher als wir es 2015 prognostiziert hatten.“

Christian Schreyer, Präsident von Mofair e.V., wies auf 36 Prozent Marktanteil im Schienenpersonennahverkehr hin, der auf 45 Prozent in den frühen Zwanzigerjahren ansteigen werde. Im Schienenpersonenfernverkehr dagegen ist der Wettbewerb – anders als in einigen Nachbarländern – noch kaum vorangekommen. Elementare Behinderungen durch die DB AG gebe es heute nicht mehr, fassen beide Verbandschefs die Lage zusammen. Dennoch bremsen die Monopolgesellschaften der DB-Infrastruktur innerhalb des integrierten Konzerns den Schienenverkehr.

Schreyer: „Im Eisenbahnsektor dauert Modernisierung nach wie vor viel zu lang. Geld ist wichtig, aber Innovationsförderung und -anreize sowie mehr gesunder Wettbewerb sind mindestens ebenso wichtig. Die DB beweist unfreiwillig jeden Tag, dass die Kunden mehr Wettbewerb auf der Schiene brauchen.“

Er machte deutlich, dass innerhalb des Schienenverkehrs viele Probleme im Umfeld der DB Netz entstünden. Das weiter verbesserungsfähige Baustellenmanagement, langsame Planungsprozesse für Neubauten, ständig steigende Trassenentgelte sowie eine viel zu hohe Störungsquote seien – abgesehen vom branchenweiten Personalmangel – die elementarsten Probleme der Wettbewerbsbahnen.

Im Ergebnis fehle allen Eisenbahnverkehrsunternehmen, auch denen der DB, Kraft im harten Wettbewerb vor allem mit der Straße. Verwirrung stiftet seit dem Beschluss des Klimakabinetts am 20. September die angekündigte Steigerung des Eigenkapitals der Deutschen Bahn AG um jährlich eine Milliarde Euro bis 2030. Diese Maßnahme bringt der Robustheit der Eisenbahninfrastruktur nichts.

Dafür gäbe es bessere Werkzeuge, etwa die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung, die man entsprechend aufstocken könnte oder ein Schienen-Infrastrukturfonds. Schreyer: „Die von uns beauftragten Anwälte stehen in den Startlöchern, um zu verhindern, dass die Wettbewerbsposition der DB einseitig gestärkt wird.“

Ferner bestimmt das Eisenbahnregulierungsgesetz, dass sich der ohnehin grundsätzlich frag-würdige Renditeanspruch der Infrastrukturgesellschaften aus dem eingesetzten Eigenkapital der DB Netz AG errechnet. Die Eigenkapitalspritze dürfte also die Trassenpreise steigen lassen und verschlechtert so die Position der Schiene gegenüber der Straße – das Gegenteil dessen, was die Politik eigentlich will.

Die immer stärkere Integration der DB Infrastrukturunternehmen mit den DB Transportunternehmen sowie die immer engere Verwobenheit mit der Regierung behindern den Wettbewerb um die besten Ideen und eine bessere Qualität im Schienenverkehr. Daneben, so Schreyer, umgehe die massiv forcierte konzernweite Führungskräfterotation sowie wie die wesentlich ausgebauten gemeinsamen Konzernservicefunktionen wie Recht, Kommunikation und Marketing die einst beschworenen „chinesischen Mauern“ und es besteht die Gefahr, dass DB Transportgesellschaften zu Lasten der Infrastrukturgesellschaften kostenseitig entlastet werden.

Kerkeling forderte eine Nachbesserung des Klimakonzepts: „Bürger und verladende Industrie werden aus dem Klimaschutzpaket der Bundesregierung keinen Impuls zur Überprüfung ihrer Verkehrsmittelwahl herauslesen.“ Dazu seien die Preissignale zu gering, „oder“, so Kerkeling, „eigentlich gar keine.“

So unterbiete die vom Klimakabinett verkündete Senkung der EEG-Umlage um 0,25 Cent je Kilowattstunde 2021 die in der vergangenen Woche verkündete reguläre Steigerung der Umlage um 0,35 Cent im Jahr 2020 deutlich. Auch steigende Netznutzungsentgelte werden die weit überwiegend elektrisch betriebene Schiene einseitig belasten. Kerkeling: „Und ob die in Aussicht gestellten multimilliardenschweren Subventionen zugunsten klimaschonenderer Straßenfahrzeuge wirklich effektiv sind, bezweifeln wir.“

Siehe auch: Die neue Schiene ist jetzt

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